Alles Wichtige zum neuen "Totimpfstoff" Novavax
Novavax in Hessen verfügbar - Alles Wichtige zum neuen "Totimpfstoff"
Nachdem der neue Corona-Impfstoff "Novavax" vergangenen Dezember in der EU zugelassen wurde, erreicht die erste Lieferung nun auch Deutschland. Doch was kann der "Totimpfstoff", wie unterscheidet er sich von anderen Impfstoffen und warum könnte er eine Lösung für Impfskeptiker sein? Wir haben mit dem Virologen Dr. Martin Stürmer über die wichtigsten Fragen zu Novavax gesprochen.
Er gilt als Hoffnung der lahmenden Impfquote noch einmal einen Schub zu geben: Der neue Corona-Impfstoff vom US-Hersteller Novavax. Denn anders als die bisher verfügbaren Vektor- und mRNA-Impfstoffe, das einige Impfskeptiker für unsicher halten, beruht dieser Impfstoff auf einem klassischen Herstellungs-Verfahren. Seit Ende Dezember ist der Impfstoff von der europäischen Europäische Kommission zugelassen, in dieser Woche soll Deutschland die ersten zwei Millionen Dosen geliefert bekommen. Für Hessen sind etwa 140.000 Dosen bestimmt, die über die Gesundheitsämter bei Sonderimpfterminen verteilt werden sollen. „Eine Verteilung von Kleinstmengen an alle Arztpraxen ist angesichts dieser zunächst eher überschaubaren Zahl nicht sinnvoll“, erklärt Hessens Gesundheitsminister Kai Klose.
Die ersten Landkreise in Hessen, wie zum Beispiel der Main-Taunus-Kreis, der Kreis Groß-Gerau oder auch der Kreis Kassel, beginnen schon in den nächsten Tagen mit der Verimpfung von Novavax. Vorerst gibt es Termine für medizinisches- und Pflegepersonal. Im Main-Kinzig-Kreis stehen online aber auch schon Termine für alle zur Verfügung. Die Anmeldungen laufen über die Kreisportale.
Novavax - Die Alternative für Impfskeptiker?
Novavax wirkt anders als die bisherigen Corona-Impfstoffe, die hierzulande viele Skeptiker haben. Wir haben den Frankfurter Virologen Dr. Martin Stürmer gefragt, ob Novavax Impfskeptiker doch noch von der Coronaimpfung überzeugen kann. Der Virologe ist sich sicher, dass der neue Impfstoff zumindest für diejenigen eine Alternative ist, die nicht absolut gegen eine Impfung sind, sondern in irgendeiner Weise gegen die bisher verwendeten mRNA- und Vektor-Impftechniken: „Ich denke, wenn man aktuell sich impfen lassen möchte und überhaupt keine Probleme hat mit irgendeinem der Impfstoffe, ist der mRNA-Impstoff sicherlich die bessere Wahl. Für die, die skeptisch sind, auf jeden Fall der Novavax-Impfstoff."
Wie wirkt Novavax?
Der neue "Totimpfstoff" enthält Bestandteile des sogenannten Spike-Proteins (S-Protein), einem Eiweiß bzw. Merkmal auf der Oberfläche von Coronaviren: "Der Novavax-Impfstoff bringt im Prinzp das Oberflächenprotein von Sars-CoV2, also das S-Protein, gleich mit. Kleinste Partikel von diesen S-Proteinen werden in diesem Impfstoff verabreicht. Dazu, weil eben so ein kleines Protein-Partikel nicht wirklich das Immunstem adäquat stimuliert, muss ein sogeannter Impfverstärker mit zugesetzt werden und dann reagiert der Körper da drauf. Also hier kommt wirklich das reine Virus-Protein in den Körper und erzeugt letztendlich die Immunantwort“, erklärt Dr. Stürmer in FFH-Gespräch.
Was ist ein Totimpfstoff?
Totimpfstoffe werden seit Jahrzehnten schon gegen Hepatitis, Polio, Tetanus oder auch die Grippe eingesetzt. Bei dieser Technik werden Erreger zunächst vermehrt und anschließend so abgeschwächt oder inaktiviert, dass sie im Körper keine Krankheit auslösen, aber dennoch vom Immunsystem als fremd erkannt werden und so die Produktion von Antikörpern anregen.
Novavax ist ein Impfstoff auf Protein-Basis und gehört damit weder zur Gruppe der mRNA-Impfstoffen (Biontech, Moderna) noch zu der Gruppe der Vektorimpfstoffen. Da Novavax sich, wie bei Totimpfstoffen, nicht im Körper vermehrt, wird er oft als solch ein Totimpfstoff bezeichnet, auch wenn dies laut Dr. Stürmer strenggenommen nicht ganz genau ist. Aber durch die Verwendung von sich nicht vermehrenden S-Proteine kategorisiert der Virologe Novavax doch als Totimpfstoff.
Wie unterscheidet sich Novavax von den bisherigen mRNA- und Vektorimpfstoffen?
„Der ganz große Unterschied von Novavax zu den bisherigen Impfstoffen ist, dass die Impfinformation, also das sogenannte Antigen, direkt verimpft wird [...]", erklärt Dr. Stürmer im FFH-Gespräch.
Bei den bisherigen mRNA- und Vektorimpfstoffen hat der Körper eine „Bauanleitung“ für das Spike-Protein des Coronavirus erhalten und dieses dann zuerst selbst produziert, bevor das Immunsystem dann darauf reagiert. Beim Novavax-Impfstoff wird der relevante Teil des Spike-Proteins schon im Labor produziert und dann in den Körper verabreicht.
Welche Nachteile hat der Novavax-Impfstoff gegenüber der anderen Impfstoffe?
Im Gegensatz zu den bisherigen Impfstoffen stimuliert eine Impfung mit Novavax nur einen Teil des Immunsystems: "Weil ein Protein verabreicht wird, dass nicht in die Zellen aufgenommen wird, wird ein ganz wichtiger Arm des Immunsystems nur unzureichend stimuliert: Die sogenannte 'zelluläre Immunität'", sagt Dr. Stürmer. Das sei vor allem ein Problem für die Langlebigkeit der Impfwirkung. "Damit ist der Schutz von Novavax-Geimpften einzig und allein auf den Antikörpern basierend - und wir wissen ja alle, dass die Anti-Körper auch nicht ewig im Körper vorgehalten werden. Insofern fehlt da natürlich eine zweite Barriere, wenn das Virus tatsächlich mal kommt, die schützen würde", erklärt der Virologe Dr. Martin Stürmer. Trotzdem sei auch ganz klar gezeigt worden, dass Novavax vor schweren Verläufen schützt.
Großer Vorteil: Novavax ist einfacher zu transportieren und zu lagern
Der größte Vorteil, den Novavax gegenüber anderen Corona-Impfstoffen hat: Er kann besser transportiert und gelagert werden, was ihn für den weltweiten und vor allem für den Einsatz in ärmeren Regionen interessant macht. „Hier sicherlich ein Vorteil, dass Novavax bei Kühlschrank-Temperatur eine längere Zeit gelagert werden kann, also nicht tiefgefroren sein muss. Das ist sicherlich in der Logistik sehr wichtig", sagt auch Virologe Dr. Stürmer.
Wie hoch ist die Wirksamkeit von Novavax?
„Aus den Zulassungstudien von Novavax kann man ungefähr eine Wirksamkeit von 90 Prozent ableiten. Das Problem ist hier, wie bei allen anderen Zulassungsstudien auch, dass die natürlich nicht mit Omikron gelaufen ist. Insofern muss man diese 90 Prozent bisschen in die Anführungszeichen setzen. Nichtsdestotrotz geht es uns ja darum, primär jetzt erstmal schwere Verläufe zu hindern und das zeigt der Novavax-Impfstoff auch gegen Omikron [...]“, sagt Dr. Stürmer im FFH-Gespräch.
Wie häufig muss Novavax geimpft werden?
Für die Grundimmunisierung muss Novavax zwei Mal im Abstand von mindestens drei Wochen geimpft werden.
Als Booster-Impfung ist Novavax in Deutschland noch nicht zugelassen: „Über die Booster-Impfung wissen wir noch zu wenig. Das läuft grad in den Studien. Die ersten, vorläufigen Ergebnisse, die die Firma präsentiert, sehen wohl sehr vielversprechend aus. Eben auch entsprechend mit einer deutlichen Verstärkung der Antikörper-Produktion, die auch gegenüber Omikron Vorteil bringen soll. Da müssen wir natürlich die realen Daten abwarten [...]“, erklärt Dr. Stürmer.
Schützt Novavax gegen die Omikron-Variante?
Laut Dr. Stürmer ist zumindest die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Novavax gegen schwere Verläufe bei einer Omikron-Infektion schützt: „Novavax ist nicht speziell gegen die Omikron-Variante entwickelt worden. Novavax wird die gleichen Schwäche haben, wie alle anderen Impfstoffe, die aktuell auf dem Markt sind, was die Neutralisation, sprich die Verhinderung von Omikron-Infektionen angeht. Aber Novavax wird auch in der Lage sein, gegenüber Omikron schwere Verläufe zu verhindern."

