Silvia am Sonntag - der Talk - Kinderarzt und Autor Vitor Gatinho
Bei Instagram hat der „KidsDoc“ fast eine halbe Million Follower: Vitor Gatinho, Facharzt für Kinder und Jugendmedizin in Frankfurt am Main und Autor des Bestsellers: „Wenn der Rotz läuft und der Pups drückt“, ist diese Woche zu Gast bei „Silvia am Sonntag“. Mit viel Herz und Humor begeistert er in regelmäßigen Fragerunden mit aktuellen Infos und Ratschlägen zum Thema Kindergesundheit seine Community.
Wichtig ist ihm dabei vor allem Verständlichkeit: „Ich will, dass Eltern und Kinder ganz genau wissen, was ist und warum sie welche Medikamente nehmen sollen.“ Am Ende des Besuches vergisst er deshalb nie die Frage: „Haben Sie alles verstanden? Gibt es noch Fragen? Ich gehe nie aus dem Raum raus ohne diese Frage.“ Viele Kollegen könnten nicht abstrahieren. Und das sei wichtig. „Man muss unterscheiden können, rede ich mit Kollegen oder Patienten.“ Das sei auch von großer Wichtigkeit für den Erfolg der Behandlung. „Die Eltern bekommen von allen Seiten Druck, da ist es wichtig, Ruhe und Entspannung rein zu bekommen.“ Sein Ansatz ist ganzheitlich: „Ich sage immer, ich bin Familienarzt. Es ist für mich sehr wichtig, die Lebensumstände der Kinder zu kennen. Wir sind die erste Anlaufstelle für vieles.“
‚Wie erkenne ich einen guten Kinderarzt?‘ Darauf hat der erfahrene Facharzt für Kinder und Jugendmedizin eine einfache Antwort: „Ein guter Kinderarzt spricht mit dem Kind. Wenn ich mir vorstelle, ich nehme meine Frau mit zum Arzt und der redet nur mit meiner Frau? Man redet mit der Person, um die es geht. Und man sagt ‚Tschüss‘. Nur weil man Kinderarzt ist, muss man nicht kinderfreundlich sein.“ Er rät den Eltern nicht zu vergleichen: „Wie oft ich nach Zähnen gefragt werde? Wo bleibt der Zahn? Ich sage dann immer. ‚Warten sie es einfach ab‘. Was sollen wir denn machen. Gras wächst auch nicht schneller, wenn man daran zieht.“ Das gelte auch fürs Schlafen. „Ich hasse die Frage. ‚Schläft sie schon durch‘? Was denken die Leute? Diese Frage und dieser Druck, der dadurch entsteht, kann bei Eltern das Fass zum Überlaufen bringen.“
In der Praxis sei das sein täglicher Kampf – gegen alte Glaubenssätze vorzugehen. „Ein Kind muss schreien, das ist gut für die Lungen. Du verwöhnst das Kind zu sehr, wenn du es immer auf den Arm nimmst. Ich sage dann immer: ‚Gehen sie mit Ihrer Schwiegermutter in den Zoo und beobachten sie die Affen‘. Da legt keine ihr Baby ab.“ Und er fügt hinzu: „Ein Kind führt einen zurück in die Steinzeit. Wir sind von der Entwicklung nicht so schnell wie TikTok oder Tinder.“ Kinder, die viel gekuschelt werden und viel Liebe sowie Aufmerksamkeit bekämen: „Schlafen eher alleine und lassen sich auch früher ablegen.“
Die Verantwortung für die Kinder tragen leider immer noch vorwiegend die Mütter. „Es hat sich fast nichts getan. Ich sehe täglich in meiner Praxis 99 Prozent Mütter und wenn der Vater da ist, dann ist es in zwei Drittel der Fälle so, dass er mir keine Aussagen über das Kind machen kann. Die meisten haben einen Zettel dabei, den die Mutter geschrieben hat.“ Und es sei sogar noch schwieriger geworden für Mütter: „Ich will niemandem einen Vorwurf machen. Meist ist der Vater der Hauptverdiener. Aber früher war es ok, wenn die Frau zu Hause blieb. Heute heißt es: ‚Und – machst du nichts anderes?‘. Der gesellschaftliche Druck ist größer geworden. Egal, was sie macht, sie macht es falsch.“ Zum Ende des Gesprächs hat der KidsDoc noch einen guten Rat für alle Eltern: „Zu viel Liebe gibt es nicht. Liebe ist wie Eiscreme, man kann nie genug davon haben.“
„Silvia am Sonntag – der Talk“ läuft sonntags zwischen 9 und 12 Uhr mit Moderatorin Silvia Stenger. Das komplette Gespräch mit Vitor Gatinho sowie alle anderen Interviews, können in voller Länge bei FFH in Web und App und überall dort, wo es Podcasts gibt, gehört werden.