Tödliche Polizeischüsse: Verfahren gegen Beamte eingestellt
Schwalmstadt - Tödliche Polizeischüsse: Verfahren gegen Beamte eingestellt
Im Fall der von Polizisten erschossenen Frau aus Schwalmstadt sind die Ermittlungen gegen vier Beamte eingestellt worden. Laut Staatsanwaltschaft gab es keinen hinreichenden Tatverdacht.
Nach den tödlichen Schüssen auf eine Frau vor der Polizeistation in Schwalmstadt im Oktober vergangenen Jahres sind die Ermittlungen gegen vier Polizeibeamte eingestellt worden. Das teilte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Marburg auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit.
Gegen die Beamten war wegen des Verdachts des Totschlags ermittelt worden. Es habe in dem Verfahren keinen hinreichenden Tatverdacht gegeben, sagte der Sprecher. Es sei bereits Ende Juni eingestellt worden.
Softairwaffe auf Beamte gerichtet
Die Frau ohne festen Wohnsitz soll den Ermittlern zufolge am frühen Morgen des 24. Oktober 2024 eine Softairwaffe auf Polizeibeamte gerichtet haben, die einer scharfen Schusswaffe "zum Verwechseln ähnlich" war. Daraufhin hatten vier Polizisten Schüsse abgegeben. Softairwaffen sind Nachbildungen echter Waffen. Sie verschießen kleine Kugeln, die oft aus Kunststoff bestehen und nicht lebensbedrohlich sind.
Die 20 Jahre alte Frau war trotz sofortiger Erste-Hilfe-Maßnahmen noch im Rettungswagen gestorben. Eine Obduktion ergab, dass sie von mindestens zwei Kugeln getroffen worden war. Ein Schuss verursachte demnach die tödliche Verletzung innerer Organe, die mit einem hohen Blutverlust einherging. Insgesamt gaben die Polizeibeamten laut dem Sprecher 13 Schüsse auf die Frau ab. Das habe ein Waffengutachten ergeben.
Unklar bleibt, ob Frau geschossen hat
Die Frau war in der Nacht vor den Schüssen wegen des Verdachts auf Trunkenheit im Verkehr sowie unerlaubten Entfernens vom Unfallort auf die Polizeistation in Schwalmstadt (Schwalm-Eder-Kreis) gebracht worden. Nachdem sie eine Blutprobe abgegeben hatte, wurde sie den Ermittlern zufolge wieder entlassen. Der Verdacht auf Trunkenheit am Steuer hatte sich laut Staatsanwaltschaft bestätigt. Bei der Frau wurde demnach kurz nach Mitternacht eine Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,87 Promille festgestellt.
Ob die 20-Jährige selbst auf die Beamten geschossen hatte, lässt sich laut dem Sprecher nicht aufklären. "Es spricht vieles dafür, dass sie nicht geschossen hat", erklärte er. "Zumindest wurde in der von ihr verwendeten Anscheinswaffe und auch am Tatort keine Munition gefunden." Die Restmöglichkeit, dass die kleinen Kugeln, mit denen sie geschossen haben könnte, verloren gegangen oder nicht gefunden worden seien, könne aber nicht mit allerletzter Gewissheit ausgeschlossen werden.
Poseck: Sicherheit der Beamten muss Priorität haben
Hessens Innenminister Roman Poseck begrüßte die Einstellung der Verfahren: "Ich habe mir selbst an dem tragischen Tag im vergangenen Oktober einen unmittelbaren Eindruck vor Ort verschafft und mit Beamten der Polizeistation in Schwalmstadt gesprochen", teilte der CDU-Politiker mit. "Mir war es wichtig, meine Rückendeckung unmittelbar auszudrücken."
Es sei erfreulich, dass die Justiz nun Klarheit geschaffen und einen möglichen Verdacht gegen die Beamten wegen des Schusswaffeneinsatzes verneint habe. "Wenn Beamte mit Waffen angegriffen werden oder aufgrund der Umstände von einem solchen Angriff ausgehen dürfen, muss es ihnen auch gestattet sein, selbst von der Schusswaffe Gebrauch zu machen." Nur so sei ein effektiver Eigenschutz möglich. "Und die Sicherheit der Beamten muss für uns alle Priorität haben", betonte Poseck.

