Tischtennis-Legende hört auf - Letztes Spiel von Odenwälder Timo Boll
Der Odenwälder Timo Boll gehört zu den größten Legenden in der Geschichte des deutschen Sports. Mit 44 Jahren steht der hessische Tischtennis-Star Boll nun am Sonntag vor dem letzten Spiel einer langen Karriere.
29 Jahre Bundesliga. 20 Mal bei einer WM. Insgesamt 20 Mal Europameister: im Einzel, Doppel oder mit der Mannschaft. Viermal die Nummer eins der Weltrangliste. Mit dieser Karriere spielt Timo Boll im historischen Vergleich in einer Liga mit Sportlegenden wie Boris Becker, Michael Schumacher oder seinem engen Freund Dirk Nowitzki. Wer in Deutschland an Tischtennis denkt, denkt sofort auch an den Namen Boll.
Letztes Spiel gegen TTF Ochsenhausen
Für seinen Sport ist es ein tiefer Einschnitt, wenn diese Karriere am kommenden Sonntag in Frankfurt am Main endet. Das Playoff-Finale der Tischtennis-Bundesliga zwischen seinem Verein Borussia Düsseldorf und dem deutschen Pokalsieger TTF Ochsenhausen (13.00 Uhr/Dyn) ist das letzte Spiel in Bolls langer Karriere.
Angst vor dem Karriereende
Ganz offen sagt der 44-Jährige: "Ich spiele Tischtennis, seitdem ich drei oder vier bin und mache das profimäßig, seit ich 15 oder 16 bin. Wenn man keinen anderen Lebensstil kennt, hat man natürlich Angst vor dem Moment, an dem es heißt: Jetzt ist damit Schluss."
Boll: "Jetzt aufzuhören, fühlt sich irgendwie rund an"
Er sagt aber auch: "Der Kampf gegen das innere Ich. Zu spüren, dass ich als Perfektionist nicht mehr an mein höchstes Niveau herankomme": Das sei ihm immer schwerer gefallen. "Olympia in Paris war für mich noch einmal ein großer Anker und ein großes Ziel. Jetzt aufzuhören, fühlt sich irgendwie rund an."

Zukunft noch offen
Die große Frage ist: Was kommt jetzt? Was macht Boll, nachdem er mehr als zwei Jahrzehnte von Kontinent zu Kontinent gehetzt ist? Von Bundesliga-Spiel zu internationalem Turnier - und das an etwa 300 Tagen pro Jahr.
Engagment beim BVB möglich
Möglichkeiten hat er genug. Sein Freund und Nationalmannschaftskollege Patrick Franziska hat ihm angeboten, sein Trainer zu werden. Mit seinem Lieblingsfußballverein Borussia Dortmund spricht er über verschiedene Ideen: Boll als Türöffner für den BVB im Tischtennis-Wunderland China. Oder Boll als Praktikant beim BVB, um etwas über Unternehmensstrukturen und Sport-Management zu lernen.
"Typ Tiefstapler"
Die wahrscheinlichste Variante ist aber: Boll macht erst einmal gar nichts, fährt mit seiner Familie in den Urlaub und verbringt die Zeit mit Frau und Tochter, die er in den vergangenen Jahren nie hatte. Denn populär war der Tischtennis-Star auch immer durch das, was er nicht ist: kein Lautsprecher, kein Aufschneider. "Typ Tiefstapler", nennt er sich selbst.
WM 2005: Fair-Play-Preis statt Medaille
So flog er 2005 als Mitfavorit zu den Weltmeisterschaften nach Shanghai und stand am Ende auch ganz oben auf dem Podest. Doch Boll bekam dort keine Medaille überreicht, sondern den Fair-Play-Preis. Im Achtelfinale spielte er gegen den Chinesen Liu Guozheng, hatte im siebten Satz einen Matchball und der Schiedsrichter erklärte den Deutschen bereits zum Sieger, weil sein Gegner diesen Ball verschlug. Boll aber zeigte an: Der Ball habe die Tischkante noch leicht touchiert, der Punkt gehöre dem Chinesen. Außer ihm hatte das in der Halle niemand bemerkt. Zwei Ballwechsel später war er ausgeschieden.
Alles aus Karriere herausgeholt
Das ist der Unterschied zu Boris Becker oder Michael Schumacher: Die Sportart Tischtennis war immer zu klein und ihr bekanntestes Gesicht zu zurückhaltend, um aus dieser Kombination einen großen Hype entstehen zu lassen. Dennoch hat Boll aus seiner Karriere alles herausgeholt.
Großer Star in Peking oder Shanghai
In Frankfurt oder Berlin kann er unbehelligt durch die Fußgängerzone gehen, in Peking oder Shanghai geht das nicht. Tischtennis ist vor allem in China der alles überstrahlende Sport. Dort das Werbegesicht deutscher Firmen zu sein, hat Boll viel Geld gebracht.
Titel zum Abschied
Jetzt hat Boll nur noch ein Spiel vor sich. Und er ist froh, dass es dabei noch einmal um einen Titel geht. "Ich denke, es muss so sein, dass das noch einmal kribbelt und richtig weh tut", sagt er. Zum Abschied die deutsche Meisterschaft mit Borussia Düsseldorf zu holen - es wäre bereits die 15. in seiner Karriere.


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