Namika im FFH-Interview: Meine Zunge ist zu kurz

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Also ich hatte als Kind natürlich immer das Gefühl, dass mir eine Seite fehlt, weil ich ihn nicht kannte. Ich hatte keinen Vater und dachte mir, okay. Ich hab auch immer mal meine Mutter gefragt, was war das eigentlich für ein Typ? Wie war er so drauf? Warum ist er weg? Und früher hat mir meine Mutter natürlich nicht alles erzählt, weil sie mich schützen wollte, vor der ganzen Story. Und jetzt zum zweiten Album dachte ich mir, ich möchte jetzt einfach ein bisschen Klarheit für mich und mir das auch mal von der Seele schreiben. Und deswegen habe ich sie interviewt zu dem Thema und sie hat mir all die Geschichten erzählt, die ich jetzt wiedergeben konnte dadurch.

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Nee, an ihn nicht. Ich habe Bilder natürlich und weiß, wie er aussieht und viele sagen, dass ich irgendwie aus dem Gesicht geschnitten bin. Aber als ich 14 war oder so ungefähr in dem Alter, war ich dann irgendwann mal bereit, ihn kennenlernen zu wollen. Und das war irgendwann mal im Frühling und da habe ich für mich innerlich den Entschluss gefasst, okay, jetzt wenn wir im Sommer nach Marokko fliegen, will ich meinen Vater kennenlernen. Und bevor wir geflogen sind, kam eben der Anruf aus Marokko von seinen Eltern, die uns gesagt haben, dass er verstorben ist.

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Man muss dazu sagen, um ihn auch ein bisschen besser zu verstehen oder kennenzulernen, er kommt aus Marokko, aus einer relativ wohlhabenden Familie, kam dann nach Deutschland in ein Land mit komplett anderen Strukturen, anderem System, in dem du praktisch nichts bist, wenn du keinen Job hast und kein Geld verdienst. Das ist in Marokko nicht so. Da hast du eine wohlhabende Familie, das Haus in dem du wohnst gehört dir und das erbst du auch und du hast keine Existenzängste sozusagen. Und er kam nach Deutschland und kam überhaupt nicht darauf klar, auf diesen ganzen Systemwandel und hat dadurch eben auch nicht den Anschluss gefunden und ist dann auf die schiefe Bahn geraten.

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Das ist so ein Thema, das ich schon immer mit mir schleppe. Das prägt mich, das ist irgendwie ein Teil meiner Geschichte. Und ich musste den einfach erst mal mir von der Seele schreiben. Da war er da. Witzigerweise wollte ich den gar nicht jetzt aufs zweite Album packen, sondern ich wollte den einfach mal geschrieben haben. Lange Rede kurzer Sinn, wir haben ihn dann doch aufs Album gepackt, weil alle so, du bist wahnsinnig, wenn du den nicht aufs Album packst, der ist unfassbar krass, bla bla bla. Und dann dachte ich mir, okay, einerseits haben die recht, weil die Musik, die mich als Kind abgeholt hat, die mich berührt hat, waren auch meistens, waren genau Geschichten von den Künstlern, die tiefer haben blicken lassen. Echte Geschichten, wie zum Beispiel Eminem's Stand. Da hörst du dir den Song an und sagst, natürlich ist das passiert, das kann er sich nicht aus der Nase gezogen haben. Oder No More Drama von Mary J. Blige. Ich fand das wahnsinnig mutig, dass sie damals so aus ihrem Leben heraus Sachen erzählt hat, wie es ihr ging und wie sie damit umgegangen ist. Und es hat mir unheimlich viel Kraft gegeben.