Internationaler Tag der Familie - Pflegefamilien werden dringend gesucht
Heute (Mittwoch, 15. Mai) ist Weltfamilientag. Eine liebevolle und unterstützende Familie zu haben, ist besonders wichtig für die Entwicklung eines Kindes. Deswegen braucht es Pflegefamilien, die Kinder aufnehmen, wenn sie kurz oder langfristig nicht mehr bei ihrer leiblichen Familie leben können. Der Bedarf ist hoch und Pflegefamilien werden auch in Mittelhessen dringend gesucht.
2022 lebten laut Statistischem Bundesamt in Deutschland rund 121.000 Kinder in einem Heim und weitere rund 86.000 in einer Pflegefamilie. Das sind über 200.000 Kinder, die außerhalb der eigenen Familie aufwachsen.
Ein Familiensetting ist wichtig
Vereine wie der Sankt Elisabeth-Verein in Marburg sind deshalb immer auf der Suche nach Menschen, die sich vorstellen können, ein Kind aufzunehmen. Pflegefamilien-Fachbereichsleiter Rahma Ataie vom St. Elisabeth Verein Marburg betont, wie wichtig es für Kinder sei, in einem Familiensetting aufzuwachsen.
Denn in Wohngruppen ist es aufgrund von Schichtdiensten viel schwieriger, Familie zu leben und Beziehungen aufzubauen. Weil Kinder in ihrer Herkunftsfamilie oft schlimme Dinge erlebt haben, sei ihre gesunde Weiterentwicklung bedroht. Pflegefamilien sollen ein sicherer Ort sein, wo Erfahrungen aufgearbeitet werden können.
Vernachlässigung des Kindes
Warum ein Kind in Obhut genommen werden muss, kann verschiedene Anlässe haben, beispielsweise wenn es wegen Krankheit oder Überforderung der Eltern vernachlässigt oder körperlich oder psychisch misshandelt wird. Auch Drogen- und Alkoholkonsum in der Familie können der Grund sein .
Die Bereitschaft sinkt, der Bedarf steigt
Die Anzahl an Kindern, die eine Pflegefamilie brauchen, steige, weil gesellschaftliche Probleme zunehmen würden, so Ataie. Dadurch komme es häufiger zu Krisen in Familien, und Kinder können nicht mehr versorgt werden. Gleichzeitig sinke aber auch die Bereitschaft, ein Pflegekind aufzunehmen.
Man ist nicht direkt Pflegefamilie - man entwickelt sich dazu
Wer sich entscheidet, ein Pflegekind aufzunehmen, muss sich bewusst sein, dass dies eine herausfordernde Aufgabe ist. Man müsse die Lebensgeschichte der Kinder verstehen und im Alltag berücksichtigen. "Die typischste Herausforderung ist, dass man nicht von Anfang an Pflegefamilie ist, auch wenn man die Ressourcen mitbringt. Man wird dazu. Man muss sich entwickeln und wachsen, um das Positive im gemeinsamen Leben mit den Kindern zu erfahren", so Ataie im FFH-Gespräch.
Wer kann Pflegefamilie sein?
"Pflegefamilien leben Familie. Es spielt keine Rolle, in welcher Konstellation sie leben, ob gleichgeschlechtlich, Mann und Frau oder alleine." Wichtig sei, dass man Schutz im Alltag biete und auch die Beziehung zu den leiblichen Eltern - wenn möglich - unterstütze und fördere. Man sollte gesundheitlich geeignet sein und eine gute Wohnsituation haben. Generell sei aber zu sagen, dass man nicht ein passendes Kind für die Familie suche, sondern umgekehrt, so Ataie.
Auch in anderen Teilen Hessens wird gesucht
Pflegefamilien werden begleitet
Seit 30 Jahren betreut der St. Elisabeth-Verein Marburg hessenweit und darüber hinaus Pflegefamilien. Der Auftrag sei auch gerade in diesen Zeiten, für das Pflegefamilienwesen zu werben. "Unsere Arbeit läuft über Beziehungen. Wir begleiten die Familien und wollen mit allen Beteiligten ganz eng arbeiten." Pflegefamilien bekommen deshalb einen Berater zur Seite gestellt, der sie dauerhaft unterstützt.
Das Gespräch suchen
Wenn man mit dem Gedanken spielt, ein Pflegekind aufzunehmen, sind Jugendämter und freie Träger der erste Ansprechpartner. Es bestehe immer die Bereitschaft für Gespräche und dafür, Fragen zu klären.
Auch informieren kann man sich beispielsweise über den Podcast „Pflegefamilien Deutschland“
Eine Bereicherung für die ganze Familie
Auch wenn möglicherweise einige Hürden mit dem Kind gegangen werden müssen, ist die Aufnahme eines Pflegekindes laut Ataie eine große Bereicherung. "Man erlebt als Familie tolle Dinge im Alltag, entwickelt sich und wächst gemeinsam. Man lernt neue Leute im Pflegefamilien-Netzwerk kennen und kann Schritte mit dem Kind gehen."