Tödliche Tat in Aschaffenburg - Polizist wegen Strafvereitelung angeklagt
Vor der tödlichen Attacke in Aschaffenburg soll der Verdächtige eine Bewohnerin in einer Asylunterkunft angegriffen haben. Weil die Polizei nicht ermittelte, ist ein Beamter nun angeklagt worden.
Weil ein Vorfall gut fünf Monate vor dem tödlichen Messerangriff in Aschaffenburg keine Ermittlungen gegen den Verdächtigen nach sich zog, ist ein Polizist angeklagt worden. Die Staatsanwaltschaft Coburg wirft ihm Strafvereitelung im Amt vor, wie ein Sprecher mitteilte.
Vorfall vom August 2024
Den Angaben nach geht es um einen Vorfall am 29. August 2024 in einer Flüchtlingsunterkunft in Alzenau im Landkreis Aschaffenburg. Dort angekommen, sollen Polizisten von einer Bewohnerin darauf hingewiesen worden sein, dass der Afghane eine 44 Jahre alte Bewohnerin gewürgt und mit einem Messer verletzt haben soll. Das mutmaßliche Opfer habe mehrere Verletzungen aufgewiesen, die mit Fotoaufnahmen dokumentiert worden seien. Der Verdächtige kam zunächst in Sicherheitsgewahrsam, strafrechtliche Ermittlungen seien aber nicht eingeleitet worden.
Ermittlungen gegen drei weitere Beamte eingestellt
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Beamten vor, es als polizeilicher Sachbearbeiter des Vorfalls unterlassen zu haben, ein Ermittlungsverfahren gegen den 28-Jährigen einzuleiten. Dabei sei er über den Vorfall informiert gewesen und das Vorliegen einer nicht unerheblichen Straftat – gefährliche Körperverletzung – müsse sich ihm aufgedrängt haben. Gegen drei weitere an dem Einsatz beteiligte Polizisten wurden die Ermittlungen eingestellt.
Anzeige gegen Polizist
Die Ermittlungen gegen die Polizisten kamen durch eine Strafanzeige vom 28. Januar in Gang. Die Generalstaatsanwaltschaft Bamberg beauftragte die Staatsanwaltschaft Coburg und das Landeskriminalamt damit. Über die Zulassung der Anklage muss nun das Amtsgericht Aschaffenburg – Zweigstelle Alzenau entscheiden.
Zwei Menschen mit einem Messer getötet
Der Afghane soll am 22. Januar dieses Jahres zwei ihm unbekannte Menschen in einem Park in Aschaffenburg mit einem Messer getötet haben - einen zweijährigen Jungen und einen 41-jährigen Mann. Drei weitere Menschen wurden schwer verletzt. Die mutmaßliche Tat des ausreisepflichtigen Asylbewerbers hatte für große Bestürzung gesorgt und im Bundestagswahlkampf eine Debatte über eine schärfere Migrationspolitik entfacht.
Angeklagter psychisch krank
Der Tatverdächtige soll psychisch krank und bereits mehrfach gewalttätig aufgefallen sein. Nach dem Angriff wurde er zunächst in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht. Ein Sicherungsverfahren gegen den Mann beginnt am 16. Oktober.
Auch Ersatzfreiheitsstrafe stand im Raum
Auch ohne die Ermittlungen zu diesem Vorfall hätte der mutmaßliche Angreifer schon Ende Dezember 2024 wegen anderer Vergehen für mehr als einen Monat ins Gefängnis kommen sollen - trat diese Ersatzfreiheitsstrafe aber laut früheren Angaben der Staatsanwaltschaft Schweinfurt nie an. Grund dafür sei die gesetzliche Regel, dass ein Gericht bei zwei verschiedenen Verurteilungen unter bestimmten Bedingungen eine sogenannte Gesamtstrafe bilden muss, hatte die Staatsanwaltschaft mitgeteilt. Die Entscheidung darüber habe das Amtsgericht Schweinfurt "unter anderem wegen zwingend erforderlicher Zustellungen und Übersetzungen" nicht vor dem Angriff getroffen, hieß es.
Sicherungsverfahren wegen psychischer Erkrankung
Nach der Tat hatten Ermittler schnell Hinweise auf eine mögliche psychische Erkrankung des Mannes gefunden – unter anderem entsprechende Medikamente in seinen Wohnräumen. Der Beschuldigte soll nach Vorstellung der Staatsanwaltschaft dauerhaft in einer Psychiatrie untergebracht werden. Für das Sicherungsverfahren am Landgericht Aschaffenburg sind sechs Verhandlungstermine bis zum 30. Oktober angesetzt. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 28-Jährigen Mord, versuchten Mord, Totschlag, versuchten Totschlag, Bedrohung sowie diverse Körperverletzungsdelikte vor.