US-Firma über Viessmann-Kauf: "Kommen nicht, um Fabriken zu schließen"
US-Firma über Viessmann-Kauf - "Kommen nicht, um Fabriken zu schließen"
Wie genau geht es weiter beim nordhessischen Familienunternehmen Viessmann? Der Chef des US-Konzerns Carrier Global, David Gitlin, hat sich nach der vereinbarten Übernahme des Wärmepumpen-Geschäfts von Viessmann bemüht, Befürchtungen zu drohenden Sparmaßnahmen auszuräumen.
"Es geht nicht um Job-Abbau. Wir kommen nicht, um Fabriken zu schließen - im Gegenteil", sagte Gitlin bei einer Konferenzschalte mit Investoren und Finanzanalysten. "Wir kommen, um in Deutschland zu investieren, um in die Belegschaft zu investieren, in Wachstum zu investieren", verkündete der Carrier-Chef.
"Neuer Teil unserer Familie"
Viessmann sei ein "phänomenales" Unternehmen, das "gewaltige" Gelegenheiten biete. Die rund 11.000 Beschäftigten des Mittelständlers aus Hessen begrüßte Gitlin als neuen "Teil unserer Familie". Anleger sehen den Deal allerdings weiter skeptisch und ließen Carriers Aktien im US-Handel um über drei Prozent sinken.
Viessmann-Chef: "Einfach so weiter geht eben nicht"
Mit dem nun beschlossenen Deal geht das Kerngeschäft des 1917 gegründeten Heizungbauers Viessmann im rund fünf Mal so großen Carrier-Konzern auf und erlangt so eine deutlich höhere Kapitalkraft. Schnelleres Wachstum werde möglich, hieß es in Unternehmenskreisen. Letztlich zähle im globalen Wettbewerb irgendwann nur noch Größe und Stückzahl. "Durch den Zusammenschluss entsteht aus einer Position der Stärke heraus ein schnell wachsender Innovationsführer in einem hart umkämpften Markt", sagte Firmenchef Max Viessmann, der auch einen Sitz im Carrier-Verwaltungsrat erhalten soll.
Man habe für sich festgestellt, dass "einfach so weitermachen" man zwar emotional bevorzugen würde. "Das würde aber langfristig nicht reichen", so Max.
Vorerst keine betriebsbedingten Kündigungen
Beide Seiten hätten sich auf langfristige Garantien geeinigt, ergänzte Viessmann. So seien betriebsbedingte Kündigungen für drei Jahre ausgeschlossen, wichtige Standorte für Produktion und Entwicklung fünf Jahre gesichert und Allendorf an der Eder für zehn Jahre als Hauptsitz gesetzt. An die Mitarbeiter der Sparte sollen 106 Millionen Euro als Sonderprämie "für 106 Erfolgsjahre" ausgeschüttet werden. Der Geschäftsbereich machte bei Viessmann im vergangenen Jahr 85 Prozent des Umsatzes aus, der für 2022 um 19 Prozent auf den Rekordwert von rund 4 Milliarden Euro angestiegen war.
Bürgermeister reagiert gelassen
Der Bürgermeister der Gemeinde Allendorf (Eder), Claus Junghenn, blickt gelassen auf die Entwicklungen im geplanten Viessmann-Verkauf. Im FFH-Gespräch sagte er, niemand müsse sich Sorgen um seinen Arbeitsplatz machen. "Viessmann ist seit über 100 Jahren hier im Ort und ist mit der Gemeinde gewachsen. Von daher habe ich da auch dass dieser Entschluss der Unternehmensleitung auch Vorteile bringen wird für unsere Gemeinde", so Junghenn zu HIT RADIO FFH.
Landrat: "Arbeitsplätze zu sichern, von besonderer Bedeutung"
"Der Verkauf der Sparte für Klimalösungen von Viessmann als Traditions- und Familienunternehmen aus Waldeck-Frankenberg an den US-Konzern Carrier Global ist für den Landkreis eine überraschende Entwicklung", sagte Landrat Jürgen van der Horst auf FFH-Anfrage. Die Entscheidung von Viessmann zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit sei aber nachvollziehbar. "Arbeitsplätze zu sichern, die Innovations- und Wirtschaftskraft zu bewahren und den Standort des Unternehmens in Waldeck-Frankenberg aufrechtzuerhalten, sind für uns von besonderer Bedeutung.“
Viessmann gehört zu den bekanntesten deutschen Heizungsbauern
Der Geschäftsbereich Klimalösungen machte bei dem Familienunternehmen aus Nordhessen zuletzt rund 85 Prozent des Umsatzes aus, der für 2022 auf den Rekordwert von rund 4 Milliarden Euro angestiegen war. Das 1917 aus einer Schlosserei gegründete Unternehmen gehört zu den bekanntesten deutschen Heizungsbauern und zählte bislang zu den Gewinnern der Klimawende insbesondere im Gebäudebereich. Es beschäftigt weltweit etwa 14 500 Mitarbeiter.Treiber für das starke Wachstum der vergangenen Jahre waren die Wärmepumpen, die nach politischen Vorgaben in den Gebäuden schnell Gas- und Ölheizungen ablösen sollen. Viessmann hatte im Mai 2022 Investitionen von rund einer Milliarde Euro in diesem Bereich bekanntgegeben. Unter anderem wird gerade eine Fabrik in Polen gebaut.
US-Konkurrent beschäftigt 52.000 Menschen
Das Unternehmen Carrier aus dem US-Staat Florida gilt als Erfinder der modernen Klimaanlage und wurde 1902 gegründet. Der Konzern beschäftigt 52.000 Menschen und erlöste im vergangenen Jahr 20,4 Milliarden Dollar. 60 Prozent des Umsatzes entfielen auf Nord- und Südamerika. Das Unternehmen verfügt in Europa über drei Produktionsstätten in Frankreich und Spanien. 2004 hatten die Amerikaner die Kältetechnik der damaligen Linde AG übernommen, später aber die Fertigung in Deutschland eingestellt.
Höhere Kapitalkraft durch Teilverkauf
Mit dem nun beschlossenen Teilverkauf gegen Aktien und Barmittel würde das Kerngeschäft des regional aufgestellten Unternehmens Viessmann im Carrier-Konzern aufgehen und eine deutlich höhere Kapitalkraft erlangen. Schnelleres Wachstum würde möglich, hieß es in Unternehmenskreisen. Letztlich zähle im globalen Wettbewerb irgendwann nur noch Größe und Stückzahl. "Durch den Zusammenschluss entsteht aus einer Position der Stärke heraus ein schnell wachsender Innovationsführer in einem hart umkämpften Markt", erklärte Firmenchef Max Viessmann, der auch einen Sitz im Carrier-Verwaltungsrat erhalten soll.
In der Massenproduktion sehen Experten allerdings die asiatischen Anbieter von Klimaanlagen im Vorteil, die mit Wärmepumpen in weiten Teilen bauähnlich sind und seit Jahrzehnten in extrem hohen Stückzahlen gebaut werden. Bekannte Anbieter sind Daikin, Mitsubishi (beide Japan), Midea (China) oder Samsung (Korea). In Deutschland fehlt ihnen bislang noch der Marktzugang über die Installateure.
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