Stadtschloss Fulda - Ort der Demokratiegeschichte
Auf Initiative des Fördervereins “Freunde des Museums e.V.” wird das Stadtschloss in Fulda als “Ort der Demokratiegeschichte” ausgezeichnet.
Verliehen wird die Auszeichnung in Form einer Plakette von der Stiftung “Orte der Demokratigeschichte”. Jahrhundertelang war das Stadtschloss in Fulda ein Zentrum adeliger Herrschaft, bevor es Ende des 19. Jahrhunderts in den Besitz der Stadt überging, zum Rathaus wurde und damit sprichwörtlich die Demokratie einzog. Weil sich diese Entwicklung im Stadtschloss so gut ablesen lässt, wird es offiziell zum Ort der deutschen Demokratiegeschichte.
Demokratiegeschichte erlebbar machen
Ein Projekt der Stiftung sei die „Deutschlandkarte der Demokratie“, schreibt die Stadt in einer MItteilung. Es bestehe aus zwei zentralen Elementen: einer digitalen Plattform und einer analogen Plakette. Ziel sei es, Demokratiegeschichte vor Ort erlebbar zu machen und zur Auseinandersetzung mit demokratischen Werten anzuregen. Die Plakette markiere Orte der Demokratiegeschichte und verlinke per QR-Code auf die zugehörigen Einträge der interaktiven Deutschlandkarte der Demokratie (www.demokratie-geschichte.de/karte/). 118 Plaketten seien bislang vergeben worden, darunter war auch die erste Plakette im europäischen Ausland, die die deutsche Botschaft in Prag erhielt. Die Plakette am Stadtschloss wird am Freitagnachmittag (26.9.) um 16 Uhr enthüllt.
Die Historie des Stadtschlosses
In ihrer Pressemitteilung fasst die Stadt die Historie des Stadtschlosses zusammen:
"Seit mehr als 700 Jahren ist die ursprüngliche Residenz der Fuldaer Fürstäbte ein Ort vielfältiger Herrschaftsformen. Seit 1893 ist das „Stadtschloss“ Eigentum der Stadt Fulda und dient seitdem als Rathaus. So spiegelt das Gebäude die fuldische Herrschaftsgeschichte von der mittelalterlichen Adelsherrschaft über die frühneuzeitliche Landesherrschaft bis zur Demokratie wider.
Bereits im 12. Jahrhundert erfolgte eine Trennung zwischen Abts- und Konventsgut. Ende des 13. Jahrhunderts verließ Fürstabt Heinrich V. von Weilnau (reg. 1288–1313) das Kloster und ließ am nordöstlichen Rand der Stadtmauer eine eigene Burg errichten – die Keimzelle des späteren Schlosses. Der noch erhaltene Turm aus dieser Frühphase ist bis heute ein markanter Bestandteil.
Im 14. Jahrhundert wurden Teile der Abtsburg bei Bürgeraufständen zerstört, aber nach deren Niederschlagung rasch wiederaufgebaut. Die Burg diente als Bollwerk gegen das aufstrebende Bürgertum, das sich von der fürstlichen Herrschaft emanzipieren wollte. Bis zum Ende des Alten Reiches gelang es der Stadt Fulda jedoch nicht, die Herrschaft der Fürstäbte abzuschütteln.
Eine Abkehr von der wehrhaften mittelalterlichen Burg hin zum repräsentativen Schloss setzte in der Renaissance unter Fürstabt Johann Friedrich von Schwalbach (reg. 1606–1622) ein. Nach der zwangsweisen Rekatholisierung ließ er eine geschlossene Vierflügelanlage errichten, die seinen Herrschaftsanspruch demonstrierte. Der Dreißigjährige Krieg brachte dem Fuldaer Land jedoch schweren Schaden und unterbrach den Aufschwung.
Im 18. Jahrhundert erfuhr Fulda unter dem Architekten Johann Dientzenhofer (1663–1726) eine umfassende Barockisierung. Die Fürstäbte Adalbert von Schleiffras (reg. 1700-1714), Konstantin von Buttlar (reg. 1714-1726) und Adolf von Dalberg (reg.1726-1737) ließen eine Schlossanlage mit Ehrenhof, Repräsentationsräumen, Marstall und Orangerie errichten, die süddeutschen Fürstenresidenzen in Funktionalität und Prunk kaum nachstand. Diese Baumaßnahmen dienten auch der Untermauerung der Fuldaer Ansprüche auf die Erhebung zum Fürstbistum, die 1752 erfolgte. Das Schloss war Repräsentationsraum der Fürstbischöfe und Verwaltungssitz für das kleine Territorium
Nach der Säkularisation bezog Wilhelm Friedrich von Oranien-Nassau, später niederländischer König Wilhelm I. (1772–1843, reg. in Fulda 1802-1806), das Schloss. Er regierte von hier aus die aufgelösten Territorien Fulda, Corvey, Dortmund und Weingarten und versammelte reformfreudige Beamte um sich.
Die wechselnden Herrschaftsträger nach der Vertreibung Wilhelms im Jahr 1806 setzten den hohen Ansprüchen an das Schloss bald ein Ende. Seit 1816 regierten die hessischen Landgrafen, die das Schloss zu einer Nebenresidenz umbauen ließen. Dieses Projekt stockte jedoch und endete mit dem Untergang Kurhessens 1866.
Der Erwerb des Stadtschlosses durch die Stadt Fulda 1893 war mutig und umstritten. Zu Beginn nutzten nur wenige Bedienstete kleine Bereiche, der Großteil wurde vermietet, beispielsweise an das Landratsamt. Dennoch gelang es der Stadtverwaltung, das Schloss im Bewusstsein der Bevölkerung als Symbol demokratischer Selbstverwaltung zu etablieren. Während der Revolution von 1918/19 fanden im Schlosshof erste große Demonstrationen statt, Arbeiter- und Soldatenräte bezogen Büros. Nach dem Zweiten Weltkrieg war das Stadtschloss Sitz der Militärregierung und der wiedergewählten kommunalen Gremien. Seitdem steht es für Kontinuität kommunaler Selbstverwaltung. Heute tagen die städtischen Gremien in den einstigen Zentralräumen adeliger Herrschaft. Der barocke Festsaal dient als Sitzungsort der Stadtverordnetenversammlung. Die Stadtverwaltung mit rund 1.600 Mitarbeitenden nutzt das Gebäude vollständig. Jährlich besuchen etwa 40.000 Touristen die barocken und klassizistischen Schauräume."

