Flüchtlingsgipfel: Hessens Kommunen beklagen Überlastung
Berliner Flüchtlingsgipfel - Hessens Kommunen beklagen Überlastung
Bundesinnenministerin Faeser hat nach einem Gespräch mit Vertretern von Ländern und Kommunen eine bessere Abstimmung bei der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen versprochen.
Über mögliche zusätzliche Finanzhilfen des Bundes zur Bewältigung dieser Aufgabe, werde es um Ostern weitere Gespräche geben, sagte sie nach dem Treffen am Donnerstag in Berlin. Unter anderem soll ein digitales "Dashboard" zur Migration künftig für "Transparenz" sorgen.
Kommunen fordern dringend Unterstützung
Hessens Kommunen stoßen bei der Unterbringung von Geflüchteten zunehmend an ihre Grenzen. Es mangelt an Wohnraum, Geld und Personal. Vor dem Migrationsgipfel von Bund, Ländern und Kommunen am Donnerstag werden Forderungen nach einer Begrenzung des Zustroms laut. "Die Situation ist sehr schwierig", sagt David Rauber, Geschäftsführer des Hessischen Städte- und Gemeindebundes. Sie sei ein großer Kraftakt für viele Kommunen - "organisatorisch, personell und finanziell, aber auch mit Blick auf die Akzeptanz in der Bevölkerung".
Wetterauskreis-Landrat: "Wir haben Unterbringungs- und Akzeptanzproblem"
Beispiel Wetteraukreis: Derzeit kommen wöchentlich 40 bis 50 Personen, wie Landrat Jan Weckler (CDU) gegenüber HIT RADIO FFH sagte. Die Unterbringung werde fast unmöglich, zumal aus den Kommunen immer mehr Absagen kämen. „Wir haben ein Unterbringungs- und ein Akzeptanzproblem“, so Weckler. Der Wetteraukreis stellt auch Leichtbauhallen auf. „Wie lange die stehen werden, wenn der Zustrom so weitergeht, das kann ich nicht sagen.“ Der Landrat fordert dringend eine Begrenzung des Zustromes.
Auch Hessens Innenminister fordert Begrenzung des Zustromes
Das ist auch eine zentrale Forderung von Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) vor dem Gipfel in Berlin. Die Frage der Zugangsbegrenzung sei die wichtigste. "Nur dann bekommen wir die Lage auch mit den Menschen, die schon hier sind, in den Griff", so Beuth zu HIT RADIO FFH. Er hofft, dass sich der Bund klar zu einer Zugangsbegrenzung bekennt. "Die Bundesregierung ist am Zug und muss Antworten geben", so Beuth. Er fordert außerdem, dass der Bund Immobilien zur Verfügung stellt, die nicht benötigt werden. Für die Kommunen müsse zudem kalkulierbar bleiben, wie viele Menschen zu ihnen kommen.
Integrationsarbeit im Kreis Bergstraße leidet
Den Kommunen nur Personen zur Unterbringung zuzuweisen, die auch eine realistische Bleiberechtsperspektive haben, fordert der Kreis Bergstraße. Davon ausgenommen seien Geflohene aus der Ukraine, erklärt Sprecherin Cornelia von Poser. "Von den 1232 Personen, welche in 2022 aus den sogenannten Drittstaaten zugewiesen wurden, haben etwa 50 Prozent keine realistische Bleiberechtsperspektive." Sie würden aber vor Ort die knappen Flächen- und Personalressourcen binden, sodass Integrationsarbeit für die Menschen mit Perspektive nicht geleistet werden könne.
Zeltstadt in Bensheim
Der Kreis betreibt derzeit drei größere Unterkünfte, darunter eine Zeltstadt in Bensheim, die als kurzfristiger Aufenthalt für neu Ankommende gedacht war, mittlerweile aber als normale Unterkunft genutzt wird. Insgesamt bieten diese Unterkünfte laut Sprecherin Platz für 1665 Menschen, aktuell sind 1315 Plätze belegt. In einem ehemaligen Hotel und einer Containeranlage sollen 360 weitere Plätze geschaffen werden. Von den 2872 Menschen aus der Ukraine, die dem Kreis im vergangenen Jahr zugewiesen wurden, seien 1235 in Gemeinschaftsunterkünften und Wohnungen untergebracht.
Kommunen haben kaum noch Platz
"Die Anzahl der zugewiesenen Menschen ist schon jetzt pro Woche mit 61 Personen auf einem hohen Niveau", erklärt von Poser. Sie könnten nur noch mit Mühe vom Kreis untergebracht werden, weil es an Fläche und Gebäuden fehle und weiterhin die Menschen aus den Großunterkünften nicht in andere Unterkünfte verteilt beziehungsweise in Wohnungen vermittelt werden könnten. Zudem fehle es an Fachkräften für die Bearbeitung von Leistungsgewährung und für die Betreuung. Trotz Ausschreibungen könnten diese Stellen nicht besetzt werden.
Brandbrief an Kanzler und Ministerpräsident
Landräte und Bürgermeister aus dem Main-Taunus-Kreis richteten kürzlich in einem Brandbrief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) den dringlichen Appell, den Zustrom an Flüchtlingen aktiv zu steuern und zu begrenzen. Laut Pressesprecher Johannes Latsch wurden dem Kreis 2022 insgesamt 1223 Flüchtlinge aus Afghanistan, Syrien, Türkei, Iran und Irak zugewiesen. "Hinzu kommen noch die rund 2500 Flüchtlinge aus der Ukraine, die aber größtenteils nicht über eine zentrale Zuweisung des Landes kamen, sondern individuell", erläutert er.
Problem wächst durch weitere Flüchtlingszuweisungen
Untergebracht seien die Geflüchteten etwa in Containeranlagen, gemieteten Privathäusern und Hotels. "Nach derzeitigem Stand werden die Plätze bis zum Ende des ersten Quartals reichen." Geplant sei, soweit verfügbar, weitere Containeranlagen und andere Objekte zu mieten. "Es fehlt an Wohnraum. Der Wohnmarkt ist angespannt", erklärt Latsch. Es sei nicht einsichtig, dass durch die wöchentlichen Flüchtlingszuweisungen das Problem stetig vergrößert werde. "Wir erwarten von der Bundesregierung, dass sie unsere Sorgen ernst nimmt, dass sie das derzeitige Verfahren von Flüchtlingszuweisungen reformiert."
Was gibt Hessen an Geldern?
Hessen ergänze die Bundesmittel an die Kommunen in ganz erheblichem Maße mit zusätzlichen Landesmitteln, erklärt Innenminister Peter Beuth (CDU). Laut Ministerium wurden 2022 in Hessen 114.500 Geflohene aufgenommen, davon stammten 96.500 aus der Ukraine. Das Land wende rund 800 Millionen Euro für Flüchtlinge auf. 500 Millionen Euro stammten aus Landesmitteln, rund 300 Millionen Euro vom Bund.