Wachkoma nach Einsatz - Polizisten in Kassel freigesprochen
Zwei frühere Polizisten wurden freigesprochen. Das Gericht sah im umstrittenen Transport eines Mannes keinen strafbaren Verstoß – trotz tragischer Folgen für den Betroffenen.
Das Amtsgericht Kassel hat zwei frühere Polizisten vom Vorwurf der Körperverletzung im Amt freigesprochen. Ihnen war vorgeworfen worden, den Herzstillstand eines 47 Jahre alten Mannes durch einen vorschriftswidrigen Transport während eines Einsatzes verursacht zu haben.
Sorgfaltspflicht nicht verletzt
"Allein in dem Transport auf dem Boden liegend, auch gefesselt an Händen und Füßen, ist noch keine vorsätzliche Körperverletzung zu sehen", sagte die Vorsitzende Richterin Pena de Juana. Es sei nicht ersichtlich, dass dadurch ein erheblicher pathologischer Schmerz erzeugt worden sei. Auch Fahrlässigkeit sei den Angeklagten nicht vorzuwerfen. Es liege keine objektive Verletzung der Sorgfaltspflicht vor.
Bei Festnahme Widerstand geleistet
Passanten hatten Ende September 2022 eine möglicherweise betrunkene Person auf der Bundesstraße 3 bei Fuldatal (Landkreis Kassel) gemeldet. Nachdem die beschuldigten Beamten den Mann mehrfach ohne Erfolg aufgefordert hatten, die Fahrbahn freiwillig zu verlassen, nahmen sie ihn unter erheblichem Widerstand fest. In Bauchlage und an Händen und Füßen gefesselt brachten sie ihn auf dem Boden eines Streifenwagens liegend zur Polizeidienststelle.
Hirnschaden erlitten
Die Anklage hatte den Beamten vorgeworfen, aufgrund dieses Transports nicht gemerkt zu haben, dass der an einer drogeninduzierten Psychose leidende, stark erregte Mann während der mehrminütigen Fahrt einen plötzlichen Herz-Kreislaufstillstand erlitt. Erst beim Eintreffen auf der Dienststelle wurde demnach von Rettungssanitätern festgestellt, dass er reanimiert werden musste. Zwar konnte mit den dann eingeleiteten Wiederbelebungsmaßnahmen das Leben des Mannes gerettet werden. Der 47-Jährige erlitt jedoch einen hypoxischen Hirnschaden. Er fiel in ein Wachkoma, in dem er sich bis zu seinem durch eine Covidinfektion verursachten Tod Ende 2023 befand.
Gutachter entlastete Angeklagte
Ein rechtsmedizinischer Sachverständiger entlastete die beiden Polizisten. Er bezeichnete den Verlauf in der Verhandlung als "schicksalhaft". Der Herzstillstand wurde ihm zufolge durch eine Übersäuerung des Körpers durch die starke motorische Aktivität des Festgenommenen verursacht. Bei den Polizeibeamten sei kein Verhalten erkennbar, das kausal für den Herzstillstand gewesen sei. Die Verteidiger der beiden Angeklagten hatten Freispruch für ihre Mandanten gefordert. Die Staatsanwaltschaft hatte wegen gefährlicher Körperverletzung für eine achtmonatige Freiheitsstrafe zur Bewährung sowie eine Geldstrafe in Höhe von jeweils 2.500 Euro plädiert. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, es können Rechtsmittel eingelegt werden.