Handysucht bei Kindern - Wieviel Social Media & Games ist zu viel?
Morgens nach dem Aufstehen, in der Pause und nachdem man sich ins Bett gelegt hat: Der erste Griff geht bei unseren Kids meist zum Handy. Komplett vermeiden lässt sich das nicht, aber wenn es überhandnimmt kann es bei Kindern und Jugendlichen schwere Auswirkungen haben.
Woran erkennen Eltern eine Mediensucht, was sind die Gefahren und was kann man tun, um vorzubeugen? Florian Buschmann ist Mediensucht-Experte und Präventionshelfer und war lange selbst von einer Videospielsucht betroffen. Im FFH-Interview mit Evren Gezer erzählt er von seinen Erfahrungen und gibt wertvolle Tipps.
Exklusiver Workshop für FFH-Hörer
Florian Buschmann und sein Team haben es sich zum Ziel gesetzt Kinder und Jugendliche vor kritischem und krankhaften Medienkonsum zu schützen. Die "Offline Helden" bieten Seminare und Vorträge an und beschäftigen sich unter anderem mit den Fragen: Woher kommt Mediensucht? Wie erkenne ich sie? Wie kann ich meinem Kind helfen?
Habt ihr auch Fragen zum Thema oder befürchtet ihr, dass euer Kind möglicherweise auch betroffen sein könnte? Florian nimmt sich extra für euch Zeit und bietet am Samstag, dem 06.09 ab 10 Uhr für eine Stunde ein kostenfreies Online-Seminar an – "In welchen drei Schritten können ihr euren Kindern aus der Mediensucht helfen?" Registrieren könnt ihr euch hier.
"Ich war selbst lange Mediensüchtig."
Florian Buschmann war während seiner Schulzeit videospielsüchtig; stellte sich Wecker in der Nacht, um zu zocken, schwänzte die Schule und verbrachte seine Freizeit ausschließlich vor dem PC. Heute ist er Mediensucht-Experte und hat es sich selbst zur Aufgabe gemacht, Menschen aus der Mediensucht zu helfen und sie über die Nutzung von Medien aufzuklären.
Er schreibt Bücher zu dem Thema, hält Vorträge an Schulen und bietet Onlineseminare an. Auf seiner Webseite kann man außerdem in Selbsttests checken, ob man möglicherweise selbst mediensüchtig ist.
Woran erkenne ich die Mediensucht meines Kindes?
Bei Kindern gibt es grundlegende Regeln: Bei einem Alter von drei Jahren oder jünger ist Mediennutzung absolut schädlich. "Kinder saugen Informationen auf, wie ein Schwamm", bei Medien umso mehr. Diese Reizüberflutung ist überfordernd und Informationen können schlechter verarbeitet werden. Experimente zeigen, dass das Sprachzentrum von Kindern bei einer höheren Mediennutzung leidet, ein Defizit, was nur ganz schwer wieder aufgeholt werden kann. Im schlimmsten Fall, so berichtet Florian, gibt es sogar aggressiven Kinder, die sich weigern in die Schule zu gehen, weil sie lieber Videospiele spielen wollen.
Die besten Momente aus den Schulferien sind besondere Ereignisse: ein cooler Kindergeburtstag mit Freunden, eine spannende Fahrradtour durch den Wald oder Qualitity-Time mit den Eltern. Diese Aktivitäten müssen aber von den Eltern angeboten werden, sonst kommt Langeweile auf und die Kinder greifen zum Handy oder der Spielekonsole. Videospiele können nicht dieselben Gefühle bieten, wie es Aktivitäten draußen tun. Videospiele belohnen den Spieler nur kurzfristig und nicht nachhaltig. Ein Sieg bei einem Shooter ist sofort vergessen, wenn die nächste Runde startet und bleibt nicht im Kopf. Die Erinnerung an einen tollen Ausflug mit den Großeltern bleibt bestehen.
Florian gründetet die Offline-Helden, weil er selbst weiß wie schwer es ist aus der Mediensucht herauszukommen. Nächtelanges zocken, Schule schwänzen und dann noch schlechte Noten waren sein Weckruf: "Ich habe die Kontrolle verloren." Der Handykonsum und exzessive Zeit an der Konsole sind häufige und große Konfliktthemen zwischen Eltern und Kindern. Eltern kommen wie mit einem Vorschlaghammer daher und verbieten sämtliche Medien – das führt aber oft zu mehr Frust. Kinder müssen verstehen, woher die neuen Regeln stammen und wieso sie eingeführt wurden. Ansonsten fühlen sich Kinder und Jugendliche unverstanden.
Handys haben an manchem Ort nichts verloren. Bevor es abends ins Bett geht oder bevor man auf die Toilette geht, sollten sie an einen festen "Handy-Parkplatz" gelegt werden. Das gilt aber nicht nur für die Kids, sondern auch für die Eltern. Jeden Abend zu einer bestimmten Uhrzeit sollten alle Handys geparkt und erst am nächsten Morgen wieder eingesteckt werden.
Wenn mein Kind bereits erste Anzeichen einer Sucht zeigt, kann es für Eltern schwer sein zu helfen. Hier müsst ihr euch zuerst die Frage stellen: Haben wir die Kompetenzen, unserem Kind zu helfen? Oder brauchen wir vielleicht doch professionelle Hilfe? Es ist wichtig zu verstehen, was die Auslöser der Sucht sind und welche Bedürfnisse hiermit ausgeglichen werden. Dem Kind Interesse zu zeigen und es nach dem eigenen Empfinden zu fragen, ist der erste Schritt in die richtige Richtung.
Laptops und Tablets sind für Schüler mittlerweile gang und gäbe – Handys sind seit diesem Schuljahr in Hessen im Unterricht verboten. Ein Video kann manchmal helfen, Wissen zu vermitteln und den Kindern Informationen näherzubringen, darf aber nicht der einzige Weg sein. Durch zu viel Mediennutzung geht die zwischenmenschliche Komponente verloren, was sich schnell auf die Laune und Konzentrationsfähigkeit der Kinder auswirken kann.
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