Angst vor dem Kahlschlag - Marburger Pharma-Firmen bauen Stellen ab
Droht in Marburg ein weiterer Stellenabbau bei den Pharma-Firmen - gar ein Kahlschlag? Das befürchtet die Chemie-Gewerkschaft IG BCE und ruft am 30.7. zu Protesten auf unter dem Motto: "Erst Wir, dann Ihr!"
Gewerkschafter Alexander Wiesbach sagt im FFH-Gespräch: "Wir befürchten einen Domino-Effekt und brauchen Hilfe auch aus der Politik für den Pharma-Standort Marburg. Wir möchten den Firmen Perspektiven aufzeigen, hier am Standort bleiben zu können. Das Know-how im Bereich Forschung und Pharmazie in Marburg gibt es sonst kaum in der Bundesrepublik."
Pharma-Standort unter Druck
Sowohl das Mainzer Pharma-Unternehmen Biontech als auch CSL Behring werden insgesamt rund 800 Arbeitsplätze in Marburg streichen. Dies bezeichnete Oberbürgermeister Thomas Spies bereits als erheblichen Rückschlag für die Stadt und die ganze Region. Auch das Standortmanagement Pharma Serv kündigt bereits an, einen geplanten pharmazeutischen Innovation-Hub zu verschieben.
"Existenzen werden zerstört"
Die Gewerkschaft IG BCE (Bergbau, CHemie, Energie) befürchtet weitere Jobverluste und damit die Zerstörung von Existenzen und Know-how. Dagegen will sie am Mittwoch, 30, Juli um 11.45 Uhr vor dem Behringwerken protestieren. Es gehe, so der Gewerkschaftssprecher Alexander Wiesbach, um die Zukunft des Pharmastandortes Marburg. Während Biontech bis zu 350 Arbeitsplätzen abbauen will, schließt CSL sein Forschungszentrum in Marburg mit derzeit noch 500 Mitarbeitenden.
Stellenabbau betrifft ganze Region
Der Pharma-Standort Marburg hat seit den Forschungen und Produktionen von Behring mit dem Firmengründer und Nobelpreisträger Emil Behring Tradition. Direkt für die Pharma-Firmen arbeiten am Standort rund 5.500 Menschen. Doch viele Firmen werden im Zuliefererbereich vom Stellenabbau mittelbar betroffen sein, sagt Gewerkschafter Wiesbach: Kantinenbetreiber, Handwerker, Baufirmen etc.
Biontech baut Stellen in Marburg ab
Auch der Mainzer Pharma-Hersteller Biontech baut in Marburg Arbeitsplätze ab, das gab Biontech bereits im März bekannt, wie FFH berichtete. Derzeit verhandeln Betriebsrat und Konzernführung über den Abbau von 250 bis 350 der Arbeitsplätze von insgesamt 670 in Marburg. Hier wurde während der Corona-Pandemie der mRNA-Impfstoff von Biontech produziert. Bis Ende 2027 sollen die Arbeitsplätze wegrationalisiert sein. Seit Ende der Corona-Pandemie setzt Biontech auf die Entwicklung von mRNA-basierten Krebstherapien. Doch die teuren klinischen Studien trieben das Pharma-Unternehmen in die roten Zahlen.
2026 soll die erste Marktzulassung kommen
Grob gesagt soll bei den Krebstherapien mittels mRNA dem Immunsystem der Patientin oder des Patienten geholfen werden, Krebszellen anhand bestimmter Merkmale zu erkennen und sie zu zerstören. 2026 will Biontech eine erste Marktzulassung bekommen.
Biontech investiert nun in Großbritannien
Erst im Mai hatte Biontech angekündigt, jetzt Forschungszentren in Großbritannien zu bauen und hier in den nächsten zehn Jahren 1 Milliarde Pfund zu investieren. Großbritannien unterstützt diese Pläne mit Subventionen von 129 Millionen Pfund.
CSL schließt Forschungszentrum
Für einen richtigen Schock in Marburg sorgte die Ankündigung des Pharmaunternehmen CSL in Marburg Anfang Juli: CSL wird sein fast neues Forschungszentrum in Marburg schließen und 500 Stellen streichen, wie FFH berichtete. Die Fertigung will CSL gleichzeitig zumindest bislang noch stärken.
Erheblicher Rückschlag für Marburg
Das CSL-Forschungszntrum war vor wenigen Jahren für 150 Millionen Euro errichtet worden, es arbeitet mit der Universität zusammen und bietet Plattformen für Start-Ups. Damit wird künftig Schluss sein. Gleichzeitig will CSL aber den Produktionsstandort stärken und in den nächsten Jahren hier 400 Millionen Euro investieren. Für CSL Behring arbeiten in Marburg insgesamt rund 3000 Menschen. Was die Stadt Marburg als erheblichen Rückschlag für die Region und den Pharma-Standort wertete, ist für CSL Behring die Zusammenführung weltweiter Kompetenzen. CSL Behring gehört zu CSL Limited, einem medizinischem Biotech-Entwickler mit Sitz in Australien und weltweit 32 000 Mitarbeitern.


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