Aschaffenburger Messer-Angreifer vor Gericht: "Tat eines Wahnsinnigen"
Messer-Angriff in Aschaffenburg - Angreifer steht seit heute vor Gericht
Wie aus dem Nichts attackiert ein Mann in einem Park in Aschaffenburg eine Kindergartengruppe. Zwei Menschen sterben. Seit heute steht der Angreifer in Aschaffenburg vor Gericht.
Neun Monate nach der tödlichen Messerattacke eines wohl psychisch kranken Mannes auf einen kleinen Jungen und einen zweifachen Vater in Aschaffenburg beginnt am Landgericht das Sicherungsverfahren. Dabei geht es nicht um eine Bestrafung des Mannes, sondern um die Unterbringung des Beschuldigten in einer geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses.
Verfahrensauftakt am Donnerstag
Der Verteidiger des 28-Jährigen nannte den Angriff seines Mandanten beim Start des Verfahrens vor dem Landgericht Aschaffenburg eine “Tat eines Wahnsinnigen”. Der Angreifer habe damals Stimmen gehört und könne sich an die Attacke am 22. Januar in einem städtischen Park nur diffus erinnern, sagte Rechtsanwalt Jürgen Vongries zu Beginn des Sicherungsverfahrens vor dem Landgericht Aschaffenburg.
Opfer offenbar zufällig ausgewählt
Bei den Opfern handelt es sich laut Vongries um zufällig ausgewählte Personen. Die Frage, warum der 28-Jährige sie ausgewählt hat, werde man nicht beantworten können, so der Anwalt. Der Afghane sei ein sehr kranker Mensch, der sich seither Vorwürfe mache.
“Teufel im Kopf”
Dem psychiatrischen Gutachter sagte der Verdächtige nach Angaben seines Anwalts, er habe das rund 30 Zentimeter lange Küchenmesser aus seiner Flüchtlingsunterkunft in Alzenau im Kreis Aschaffenburg mitgenommen, weil er Angst vor einem Angriff gehabt habe, sagte Vongries. "Er habe einen Teufel im Kopf gehabt, der viel mit ihm geredet habe."
Laut einem ersten psychiatrischen Gutachten ist der Beschuldigte an paranoider Schizophrenie erkrankt und war bei der Tat schuldunfähig.
Vor der Tat polizeibekannt
In dem Sicherungsverfahren geht es um die zunächst unbefristete Unterbringung des 28-Jährigen in einem psychiatrischen Krankenhaus. Der Beschuldigte war bereits vor der Gewalttat polizeibekannt und mehrfach in einer Psychiatrie.
Mehrfacher Mordvorwurf
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Verdächtigen Mord, versuchten Mord, Totschlag, versuchten Totschlag, Bedrohung sowie diverse Körperverletzungsdelikte vor. Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft träfen zu, sagte der Verteidiger.
Laut einem ersten forensisch-psychiatrischen Gutachten besteht eine “hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Beschuldigte die Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen hat, da ihm infolge einer psychiatrischen Erkrankung die Fähigkeit, das Unrecht der Tat einzusehen, gefehlt habe”.
Weitere “hochaggressive” Taten möglich
Zudem nimmt der Gutachter an, "dass die psychiatrische Erkrankung des Beschuldigten nicht nur vorübergehend ist und dass, sollte diese nicht dauerhaft zurückgeführt werden können, mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit mit weiteren, auch hochaggressiven Taten" zu rechnen sei.
Sechs Verhandlungstage angesetzt
Für das heute gestartete Sicherungsverfahren sind bis zum 30. Oktober noch fünf weitere Verhandlungstage angesetzt. Zuständig ist die Erste Große Strafkammer des Landgerichts Aschaffenburg unter Vorsitz von Richter Karsten Krebs.
Keine Anklage, trotzdem geht Fall vor Gericht
Die Staatsanwaltschaft hatte im Juli diesen Jahres wegen der möglichen Schuldunfähigkeit des Afghanen beim Gericht einen Antrag auf das Sicherungsverfahren gestellt. Bei einem solchen Verfahren geht es um die zeitlich unbegrenzte Unterbringung in einer Psychiatrie. Auch wenn es keine Anklage wie in einem normalen Strafverfahren gibt, wird solch ein Fall vor Gericht verhandelt.
Die endgültige Entscheidung über eine Schuldunfähigkeit zum Tatzeitpunkt trifft das Gericht.
Die Tat
Am 22. Januar 2025, einem Mittwoch, erreicht die Polizei um 11.47 Uhr der Notruf: Gewalttat im Park Schöntal in Aschaffenburg. Weiträumig wird abgesperrt, etwa zwei Stunden später ist klar: Zwei Menschen sind tot, der 20-Jährige gefasst.
Zwei Tote, mehrere Verletzte
Bei den Toten handelt es sich um einen zweijährigen Jungen marokkanischer Herkunft und einen Deutschen, 41 Jahre alt und Vater von zwei Kindern.
Zudem verletzte der Angreifer ein zweijähriges Mädchen aus Syrien und einen heute 73-jährigen Deutschen. Eine Erzieherin (59) brach sich in dem Tumult einen Arm.
Der getötete 41-Jährige war zur Tatzeit mit einem seiner Kinder in dem Park unterwegs. Beim Versuch, den Opfern zu helfen, wurde er tödlich verletzt. Auch der 73-Jährige versuchte zu helfen und erlitt dabei Messerstiche, er überlebte aber.
Widerstandslose Festnahme
Wie sich später herausstellte, hatte es der Verdächtige wohl gezielt auf eine Kindergartengruppe abgesehen. Als immer mehr Passanten gegen den Verdächtigen vorgingen, flüchtete der Beschuldigte nach bisherigen Erkenntnissen zu Fuß und konnte rund zwölf Minuten nach dem ersten Notruf in der Nähe von Bahngleisen widerstandslos festgenommen werden. Das blutverschmierte Messer lag nicht weit weg.
Der Angreifer
Der Beschuldigte ist 28 Jahre alt und Afghane. Er reiste Ende 2022 nach Deutschland ein und stellte am 19. November 2022 ein Asylgesuch. Nach Angaben von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hätte der Flüchtling eigentlich schon im Jahr 2023 nach Bulgarien abgeschoben werden sollen, wo er zum ersten Mal EU-Boden betreten hatte. Gescheitert sei dies aber an einer abgelaufenen Frist.
Im Dezember 2024 teilte der Beschuldigte den Behörden dann mit, er wolle freiwillig ausreisen. Doch die dafür notwendigen Papiere hatte der Mann laut Herrmann wohl bis zum Tattag nicht von seinem Heimatland bekommen.
Polizeibekannt wegen zahlreicher Vorfälle
Der 28-Jährige war vor der Tat wegen mehrerer Delikte polizeibekannt und vorübergehend in einer Psychiatrie. Seit März 2023 registrierten die Behörden zahlreiche Vorfälle. Es gab Ermittlungen wegen tätlicher Angriffe und Widerstands gegen Polizisten, vorsätzlicher Körperverletzung, Beleidigung und Sachbeschädigung. Strafbefehle und Geldstrafen wurden erlassen.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Aschaffenburg gab es in keinem der Verfahren die Voraussetzung für eine strafrechtliche einstweilige Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus - und auch nicht für einen Haftbefehl.