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> Rücktritt von Ministerpräsident Volker Bouffier: Was bleibt?
30.05.2022, 06:04 Uhr
Abschied als Ministerpräsident -
Das bleibt nach 12 Jahren Bouffier
© FFH / Max Franke
Ministerpräsident Volker Bouffier im Gespräch mit FFH-Moderatorin Silvia Stenger
Nach zwölf Jahren als Regierungschef verlässt Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) die politische Bühne. IN diesen Minuten wird er bei einem großen Festakt mit musikalischen Ehren von der Bundeswehr und mit mehr als 600 Gästen aus dem Amt verabschiedet. Bouffier war länger im Amt als jeder andere Ministerpräsident in Deutschland. Was bleibt aus dieser Zeit?
Seine Mitgliedschaft in der CDU wird Volker Bouffier quasi in die Wiege gelegt. Sein Großvater war Mitbegründer der CDU in Gießen, sein Vater jahrelang dort als Kommunalpolitiker aktiv. Für Volker Bouffier führt der politische Weg dagegen aus seiner Heimatstadt hinaus. Schon seit 1987 ist er in der hessischen Landespolitik aktiv. Zunächst als Staatssekretär im Justizministerium, später dann als langjähriger Innenminister unter Roland Koch. Als dieser sich aus der Politik zurückzieht, empfiehlt er Bouffier als seinen Nachfolger. Die Mehrheit im Landtag folgt dieser Empfehlung und wählt Bouffier am 31. August 2010 zum neuen Ministerpräsidenten.
Als Innenminister "konservativer Hardliner"
Sein Ansehen hat sich dabei über die Zeit stark geändert. In seinen Jahren als Innenminister gilt Bouffier weithin als konservativer Hardliner. Seine "Law and Order"-Positionen bringen ihm den Spitznamen des "schwarzen Sheriffs" ein. Nach den Terroranschlägen vom 11. September ist er treibende Kraft für eine erneute Einführung der Rasterfahndung in Hessen, die wenige Monate später vom Landgericht Wiesbaden und dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main als unrechtmäßig wieder gestoppt wird.
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Langjähriger Innenminister
Der frisch ernannte Innenminister Volker Bouffier stellt in Frankfurt eine Kampagne gegen Vandalismus vor.
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Designierter Nachfolger
Als sich Ministerpräsident Roland Koch aus der Politik zurückzieht, empfiehlt er Volker Bouffier als seinen "Erben".
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Volker Bouffier bei seinem Amtseid
Der Landtag folgt dem Vorschlag von Roland Koch und wählt Bouffier 2010 zum Ministerpräsidenten.
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Antrittsbesuch bei HIT RADIO FFH
Traditioneller Termin: Volker Bouffier bei seinem Antrittsinterview bei FFH.
Koalitions-Pionier
Nach der Wahl 2013 hat Schwarz-Gelb keine Mehrheit mehr. Bouffier ist pragmatisch und schmiedet die erste Schwarz-Grüne Koalition in einem Flächenstaat.
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Vor dem Untersuchungsausschuss
Schwierige Stunde: Für seine Rolle bei der Aufklärung der NSU-Morde muss Bouffier vor dem Untersuchungsausschuss aussagen. Die Opposition wirft ihm vor die Ermittlungen behindert zu haben, um Verfassungsschutz-Mitarbeiter zu schützen.
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Langjährige Begleiter
Mit Angela Merkel verbindet ihn ein vertrauensvolles Verhältnis. Bouffier ist einer ihrer treusten Unterstützer.
Unterwegs im FFH-Ballon
Über Hessen schweben: Im Jahr 2018 ist Bouffier Gast im neuen FFH-Heißluftballon.
Volker Bouffier im FFH-Interview
Wie kann man lange Freude an Politik zu haben?
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Ich glaube, am besten kriegt man es hin, wenn man die Menschen mag. Und ich habe so viele tolle Begegnungen gehabt. Ganz, ganz viele persönliche Begegnungen. Und da merkst du, Menschen mit all ihren Sorgen, Hoffnungen und Freuden. Wir müssen, gerade in dieser Zeit, ist doch völlig klar, Zuversicht aufrechterhalten. Den Leuten nichts vormachen, aber trotzdem klar machen, ich glaube, dass wir das hinkriegen können.
Die schwierigsten Momente seiner Amtszeit
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Das sind ja dann Situationen, wo man genau weiß, du musst reagieren. Du kannst dich jetzt nicht drei Tage lang in die Ecke verkrümeln und sagen, das ist alles furchtbar. Die Menschheit erwartet von dir eine Antwort. Und gleichzeitig bist du keine Maschine. Man möchte am liebsten gar nichts sagen oder weinen. So, dann hast du eine Trauerfeier. Und die erwarten jetzt von dir, dass du da was Ordentliches bringst. Das ist eine Herausforderung.
Heftige Kritik muss Bouffier einstecken, als er aus Sicht der Opposition in der NSU-Mordserie zu wenig tut, um die Rolle dubioser hessischer Verfassungsschützer aufzuklären. Als Halit Yozgat in einem Kasseler Internetcafe durch zwei Kopfschüsse getötet wird, befindet sich auch ein Mitarbeiter des Verfassungsschutzes im Cafe, der von der Tat aber nichts mitbekommen haben will. Als die Polizei dazu V-Leute des Verfassungsschutzes verhören will, lehnt Bouffier dies ab. Die Opposition wirft ihm deswegen vor, Ermittlungen behindert und das Parlament nicht ausreichend informiert zu haben.
Vom "schwarzen Sheriff" zum Landesvater
Mit seiner Wahl zum Ministerpräsidenten ändert sich auch Bouffiers Rolle. Nach und nach legt er das Hardliner-Image ab und wandelt sich zum freundlichen, umgänglichen Landesvater, der auch offen für neue Politikansätze ist. Im Jahr 2013 schmiedet er die erste Schwarz-Grüne Koalition in einem Flächenland. Für ihn ein Erfolg, der bis heute hält.
Auch die Bewältigung der Flüchtlingskrise 2015 stemmte Hessen gut, weil es Bouffier gelingt, alle Parteien mit einzubeziehen.
Wahl von Boris Rhein wird klappen
Bouffier zu seinem Abschied
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Ich bin sehr, sehr sicher, dass das klappt und dann Boris Rhein die Aufgabe übernimmt. Sie wissen, ich habe auch entschieden, dass er auch Parteivorsitzender werden soll. Mehr als eine einstimmige Zustimmung kann man ja in der eigenen Partei schlecht erreichen. Also insofern schaue ich mit Zufriedenheit und freudiger Erwartung auf diesen Tag. Und für mich schließt sich jetzt sozusagen der Bogen. 50 Jahre politische Tätigkeit, 40 Jahre hier in Emdern. Alles hat seine Zeit.
Schwarz-Grün war gut für Hessen
Bouffier zu seinem Abschied
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2013 war es eine bewusste Entscheidung, die ich getroffen habe, aber sie war damals sensationell. Es war die erste schwarz-grüne Koalition. Es ist die einzige, die vom Wähler wieder bestätigt wurde. Aus meiner Sicht waren das gute Jahre für Hessen. Für mich ist das eine Freude gewesen, dass man so verlässlich und am Ende auch erfolgreich arbeiten konnte. Ich habe, wie Sie wissen, selbst entschieden, den Wechsel herbeizuführen. Ich bin überzeugt, dass diese Koalition eine so stabile Basis hat, dass sie auch weiter erfolgreich sein wird. Ich bin überzeugt, dass Boris Rhein als neuer Ministerpräsident in gleicher Weise sehr gut mit beiden Fraktionen zusammenarbeiten kann.
Treuer Merkel-Unterstützer
Auf Empfehlung von Roland Koch übernimmt Bouffier 2010 auch dessen Amt als stellvertretender Bundesvorsitzender der CDU und gilt dort jahrelang als treuer Unterstützer von Angela Merkel. Später verlässt ihn aber sein bundespolitisches Gespür. Erst unterstützt er die als CDU-Generalsekretärin wenig erfolgreiche Annegret Kramp-Karrenbauer. Beim Streit um die Kanzlerkandidatur ist er einer der stärksten Unterstützer von Armin Laschet.
Nach überstandener Krebserkrankung tritt Bouffier noch einmal an
Rede beim CDU Parteitag 2020 in Willingen
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Und deshalb sage ich euch, wir haben gezeigt, dass wir es können. Wir lassen keinen Zweifel daran, dass wir es wollen. Und weil das so ist, gehen wir mit Tatkraft, mit Mut, aber auch mit Zuversicht in diese neue Amtsperiode. Und deshalb, liebe Freunde, zum Schluss. Ich freue mich, dass ich wieder bei guter Gesundheit hier vor euch stehen kann. Die Arbeit macht mir Freude. Uns bleibt noch viel zu tun. Und deshalb danke an euch alle. Ich möchte gerne weiter euer Vorsitzender sein und bewerbe mich um euer Vertrauen. Herzlichen Dank.
Rückzug für eine geordnete Übergabe
Spätestens seit der verlorenen Bundestagswahl im Jahr 2021, bei der die SPD auch in Hessen vorne lag, wurden in der hessischen CDU Stimmen laut, die sich für eine frühzeitige Übergabe des Ministerpräsidenten-Amts an einen Nachfolger aussprachen. Diesem Wunsch kommt Bouffier mit seinem Rücktritt nach. "Alles hat seine Zeit", sagt er am 25. Februar in Fulda, wo er seinen Rückzug für Ende Mai ankündigt. Läuft alles wie geplant, so bliebe Wunschkandidat Boris Rhein damit über ein Jahr Zeit, um beim Wähler bekannt zu werden. Die nächsten hessischen Landtagswahlen finden im Herbst 2023 statt. Noch diesen Sommer will Bouffier auch den Parteivorsitz in der Hessen-CDU abgeben, er schlägt auch hier Boris Rhein vor.
Zusammenarbeit konnte sich Anfangs keiner vorstellen
Tarek Al Wazir (GRÜNE) zu Bouffiers Abschied
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Volker Bouffier ist Mitglied des Landtags geworden bei einer Wahl im September 1982, in der auch die Grünen erstmals ins Parlament eingezogen sind. Es ist sicherlich so, dass weder die Grünen sich vorstellen konnten, dass jemals eine Zusammenarbeit mit der CDU damals stattfinden konnte, noch, dass du dir vorstellen konntest, dass man mal mit diesen Struppis, wie du immer gesagt hast, koalieren könnte.
Opposition sieht Bouffiers Regierungsbilanz kritisch
SPD-Fraktionschef Günther Rudolph
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Man merkt jetzt auch bei den Nachrufen, hätte ich fast gesagt, eine Verklärung. Er hat natürlich als Innenminister Skandale zu verantworten. Er hat Untersuchungsausschüsse gehabt. Wir haben zu wenig bei der Polizei Personal. Das sind natürlich Dinge, die hinterlässt er als Regierungschef. Es fehlen Lehrer, es fehlen Polizeibeamte. Wir haben in der Infrastruktur schlechte Straßen. Und die Probleme, wie soll Hessen 2030 aussehen? Da gibt es keine Vision der CDU und es wird Zeit für einen Wechsel in Hessen.
Festakt zur Verabschiedung
Am Abend wird Bouffier bei einem großen Festakt mit musikalischen Ehren von der Bundeswehr und mit mehr als 600 Gästen aus dem Amt verabschiedet. Die Details dazu finden Sie hier.