Wenn der Zug nicht fährt - Bahnstreik: Deine Rechte als Reisende
Streik bei der Bahn, wieder fallen Züge aus, werden Reisepläne über den Haufen geworfen, Anschlüsse und Flugzeuge verpasst. Was ist mit bereits gekauften Tickets? Bekomme ich mein Geld zurück? Und welche Rechte habe ich noch, wenn ich wegen des Streiks zu spät ankomme?
Wenn die Lokführer streiken, herrscht regelmäßig Chaos an Deutschlands Bahnhöfen. Kein Wunder, denn üblicherweise verraten die Gewerkschaften vorher nicht, welche Züge bestreikt werden und die Bahn muss am Streiktag kurzfristig versuchen Alternativen zu organisieren. Gelingt dies nicht, haben Bahnfahrer Anspruch auf Entschädigungen oder können ihr Ticket zurückgeben. Diese Recht haben Bahnreisende:
Das Recht einen anderen Zug zu nehmen
Wer großes Glück hat findet eine alternative Route. Wenn die eigentlich geplante Verbindung ausfällt oder es absehbar ist, dass der Zug mit mindestens 20 Minuten Verspätung ankommen würde, dann dürfen Reisende auch mit anderen Zügen zu ihrem Ziel fahren. Der Zug muss auch nicht dieselbe Strecke fahren - es ist auch möglich über Umwege zum Fahrtziel zu kommen. Das gilt auch dann, wenn bei Sparpreis-Tickets eigentlich ein fester Zug vorgeschrieben ist. Dabei ist es nicht nötig, sich vorher beim Schaffner oder Reisezentrum die Erlaubnis dafür zu holen.
Wer eigentlich ein Ticket für den Nahverkehr hat (z.B. S-Bahn oder Regionalbahn), darf in diesem Fall sogar auf teurere Züge (z.B. IC oder ICE) umsteigen, wenn er damit sein Ziel erreichen kann. Allerdings hat sich die Bahn dafür ein kompliziertes Prozedere ausgedacht. Zuerst muss man das Ticket für den neuen Zug selber kaufen. Das Geld dafür kann man dann von der Bahn zurückverlangen.
Und noch eine Hürde hat die Bahn eingebaut: Bei "erheblich ermäßigten Tickets" (z.B. das Hessenticket) ist ein Umstieg auf Fernverkehrszüge nicht möglich.
Entschädigung bei verspäteter Ankunft
Wer mit dem Zug mehr als 60 Minuten verspätet ankommt, der hat das Recht auf eine Entschädigung. Dabei ist es egal, ob diese Verspätung durch die Bahn oder z.B. durch Streik oder Unwetter verursacht wurde. Die Höhe der Entschädigung richtet sich nach dem Ticketpreis:
Bei einer Verspätung von mindestens 60 Minuten gibt es 25 Prozent des Ticketpreises zurück. Bei einer Verspätung von zwei Stunden oder mehr, gibt es die Hälfte zurück. Diese Entschädigung gilt jeweils für die einfache Fahrt, hat man ein Ticket für Hin- und Rückfahrt gekauft, wird der halbe Ticketpreis für die Berechnung der Entschädigung verwendet.
Der Anspruch gilt auch, wenn die Verspätung durch verpasste Anschlüsse entsteht. Ist also Beispielsweise die Regionalbahn zum Hauptbahnhof verspätet oder fällt aus und man erreicht deswegen den ICE nicht, dann hat man auch Anspruch auf eine Entschädigung geben, wenn die nächste Möglichkeit erst mehr als 60 Minuten später am Zielort ankommt.
Wer eine Jahres- oder Monatskarte hat, der bekommt einen pauschalen Betrag als Entschädigung. Für Zeitkarten des Fernverkehrs gibt es 5 Euro bzw. 7,50 Euro (1. Klasse) für jede Verspätung von mehr als 60 Minuten. Besitzer einer BahnCard 100 bekommen 10 Euro (2. Klasse) bzw. 15 Euro (1. Klasse). Für Zeitkarten des Nahverkehrs (Länder-Tickets, Schönes-Wochenende-Ticket, Quer-durchs-Land-Ticket): gibt es1,50 Euro (2. Klasse) bzw. 2,25 Euro (1. Klasse) pro verspätete Strecke. Für Jahres- oder Monatskarten vom RMV, NVV oder VRN gelten andere Bedingungen.
Entschädigungen können bei der Bahn entweder online oder per Post über das Fahrgastrechte-Formular eingereicht werden.
Das Recht die Reise abzubrechen
Wenn eine Verspätung von mehr als 60 Minuten absehbar ist, können Kunden die Reise auch komplett abbrechen bzw. gar nicht erst losfahren. In diesem Fall muss die Bahn den kompletten Ticketpreis erstatten. Ergibt sich die erwartete Verspätung erst im Laufe der Reise, muss die Bahn Reisende außerdem kostenlos zurückbringen, wenn diese die Reise abbrechen. Das heißt: Steigt man wegen der Verspätung unterwegs aus und setzt sich in den nächsten Zug nach Hause, so darf diese Fahrt nichts kosten.
Das Recht auf ein Taxi
Unter Umständen ist es auch möglich, sich ein Taxi auf Kosten der Bahn zu nehmen. Und zwar dann, wenn das Problem in der Nacht auftritt. Fällt der letzte Zug des Tages aus oder ist zwischen Mitternacht und 5 Uhr eine Verspätung von mehr als einer Stunde zu erwarten, dann darf der Reisende sich zu seinem Zielbahnhof per Taxi bringen lassen. Allerdings muss die Bahn maximal 80 Euro für die Taxikosten erstatten.
Das Recht auf eine Übernachtung
Wer unterwegs wegen einer Verspätung oder eines Zugausfalls nicht weiterkommt und darum übernachten muss, der hat Anspruch auf eine Übernachtungsmöglichkeit, die von der Bahn organisiert werden muss. Kümmert sich die Bahn nicht darum, so dürfen sich Reisende selber ein Hotel suchen und die Rechnung bei der Bahn einreichen.
Was ist wenn ich wegen dem Bahnstreik meinen Flug verpasse?
Das dürfte das "Worst-Case-Szenario" für jeden Reisenden sein. Der Zug zum Flughafen ist verspätet oder fällt aus - der Flieger ist weg. Und leider gibt es in diesem Fall nicht mal eine Entschädigung. Denn die Bahn muss nicht für "Folgeschäden" haften. Sprich der verpasste Flug oder der ausgefallene Geschäftstermin werden nicht bezahlt.
Immer wichtig: Beweise sammeln
In vielen Fällen klappt die Auszahlung durch die Bahn problemlos. Trotzdem sollte man sich, besonders wenn es um größere Summen geht, absichern. Am besten Verspätungen oder Zugausfälle durch einen Bahnmitarbeiter schriftlich bestätigen lassen. Besonders wenn man darauf angewiesen ist ein Taxi oder ein Hotel zu nehmen, sollte man sich vorher absichern, dass tatsächlich kein späterer Zug mehr fährt. Wenn kein Bahnmitarbeiter aufzufinden ist, dann zumindest Screenshots von der Fahrplanauskunft oder Fotos von den Anzeigetafeln anfertigen, die die erwartete Verspätung belegen.