Spitzentreffen im Kanzleramt - Koalition will Rentenstreit beilegen
Bis tief in die Nacht haben die Spitzen der Koalition beraten - auch über das umstrittene Rentenpaket.
Die schwarz-rote Koalition kündigt eine große Rentenreform und die Förderung der privaten Altersvorsorge mit zehn Milliarden Euro an, um dem Streit mit jungen Unionsabgeordneten beizulegen. Die Pläne gehen aus dem Entwurf eines Begleittexts zum vereinbarten Rentenpaket hervor, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Der Koalitionsausschuss einigte sich nach dpa-Informationen zudem auf Absprachen zur Lockerung des Verbrenner-Aus ab 2035, zur Förderung von E-Autos und zum sogenannten Bauturbo.
Die Spitzen von Union und SPD hatten ihre Beratungen im Koalitionsausschuss in der Nacht nach fast sechs Stunden abgeschlossen. Nach den Beschlusspapieren, die der dpa vorliegen, soll es grundsätzlich bei dem vereinbarten Rentenpaket bleiben.
Dieses soll aber mit einem Beschluss begleitet werden, der auf Anliegen junger Unionsabgeordneter eingeht. 18 von ihnen hatten Widerstand gegen das Paket angekündigt, der die schwarz-rote Mehrheit in Gefahr bringen könnte. Nun hofft die Koalition, sie zur Zustimmung zu bewegen mit Zusagen einer Grundsatzreform und den Milliarden zur Förderung einer privaten Altersvorsorge.
Reformankündigungen im "Begleittext"
Einem "Begleittext" zufolge soll die bereits angekündigte Rentenkommission bis Ende des zweiten Quartals 2026 Vorschläge für eine umfassende Reform vorlegen. Ausdrücklich soll die Kommission auch den Auftrag erhalten, eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit über das Rentenalter 67 hinaus zu prüfen. Dies war bisher immer ein Tabu für die SPD.
Für die Zeit nach 2031 wird in dem geplanten Begleittext konkret vor allem angekündigt, dass der sogenannte Nachhaltigkeitsfaktor weiterentwickelt werden soll. Dieser Faktor berücksichtigt die immer zahlreicheren Älteren so, dass die Ausgaben nicht aus dem Ruder laufen. Die Beitragssätze sollen für die kommenden zehn Jahre stabil bleiben.
Ein Schwerpunkt soll künftig auf die private und betrieblich Absicherung neben der gesetzlichen Rente gelegt werden. Mit den Dividenden eines Aktienpakets des Bundes im Volumen von zehn Milliarden Euro soll der Aufbau privater Vorsorge bei der jungen Generation durch den Bund unterstützt werden.
SPD offen für Reform
Die SPD sei sehr offen für eine grundsätzliche Rentenreform ab 2031, sagte Generalsekretär Tim Klüssendorf im ZDF-"Morgenmagazin". Zugleich machte er deutlich, dass die Sozialdemokraten am jetzigen Paket unverändert festhalten.
"Für uns ist es sehr klar: Wenn wir eine Haltelinie verabreden und sagen, das Rentenniveau darf bis 2031 nicht unter 48 Prozent fallen und dann eine zukünftige Rentenentwicklung betrachten, dann starten wir natürlich ab dem Punkt, den wir dann '31 erreicht haben und überlegen nicht, was wäre gewesen, wenn wir das jetzt nicht gemacht hätten", sagte Klüssendorf.
Das ist der Kritikpunkt der jungen Unionsabgeordneten: Mit dem jetzt diskutierten Paket soll nicht nur eine sogenannte Haltelinie für das Rentenniveau bei 48 Prozent bis 2031 festgeschrieben werden. Die dann absehbare Senkung des Rentenniveaus soll laut Entwurf von diesem Niveau aus beginnen. Die Junge Union will stattdessen ab 2031 von einem niedrigeren Wert von etwa 47 Prozent aus starten, wie es ohne die jetzige Reform erreicht worden wäre. Sie verweist auf Folgekosten von etwa 120 Milliarden Euro bis 2040.
CSU-Politiker Hoffmann "gelungenes Paket"
CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann bestätigte im Bayerischen Rundfunk, dass es Absprachen zur Rente, zur Förderung von E-Autos, Kurzarbeitergeld, Bauturbo und Verbrenner-Aus gebe. "Wir haben innerhalb von 14 Tagen einen zweiten sehr erfolgreichen Koalitionsausschuss absolviert", sagte der CSU-Politiker.
Beim Thema Rente habe die Koalition ein Paket geschnürt, das Reformbereitschaft zeige, sagte Hoffmann nach Angaben des Senders. "Wenn ich mir jetzt ankucke, welche Punkte wir beinhaltet haben, bin ich sicher, dass wir da mit einer stabilen Mehrheit gut durchkommen", sagte er laut BR.
Hoffmann sprach auch insgesamt von einem "gelungenen Paket" mit Blick auf Förderung von E-Autos, Kurzarbeitergeld und Bauturbo. Zum Punkt Verbrenner-Aus sagte er: "Wir haben ein einheitliches Signal, das wir nach Brüssel senden können."
Lockerung des Verbrenner-Aus gewünscht
Nach dpa-Informationen aus Fraktionskreisen will sich die schwarz-rote Koalition auf EU-Ebene dafür einsetzen, dass auch nach 2035 "hocheffiziente Verbrenner" zugelassen werden dürfen. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) wolle einen entsprechenden Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schreiben.
Eigentlich ist auf EU-Ebene beschlossen, dass ab 2035 keine Autos mehr neu zugelassen werden dürfen, die im Betrieb noch Treibhausgase wie Kohlendioxid verursachen. Die EU-Kommission hatte nach Druck aus der Industrie und aus Mitgliedsstaaten angekündigt, die Verordnung zum Verbrenner-Aus überprüfen zu wollen. Einen Vorschlag dafür will die Kommission voraussichtlich am 10. Dezember vorlegen.
Auch Absprachen zur Förderung von E-Autos
Die schwarz-rote Koalition hat sich auf die konkrete Ausgestaltung einer staatlichen Förderung für Haushalte mit kleinem und mittlerem Einkommen beim Kauf von Elektroautos geeinigt, wie aus einem Beschlusspapier hervorgeht. Dabei geht es um Kauf und Leasing von reinen Elektro- sowie Plug-in-Hybrid-Fahrzeugen.
Demnach soll als Grundlage zur Feststellung der Förderfähigkeit ein zu versteuerndes Jahreseinkommen auf Haushaltsebene von 80.000 Euro dienen. Je Kind solle die Berechtigungsgrenze um 5.000 Euro steigen. Es solle eine Basisförderung von 3.000 Euro festgelegt werden, die mit der Anzahl der Kinder um 500 Euro je Kind auf maximal 1.000 Euro ansteige. Für besonders niedrige Einkommen sei eine zusätzliche Aufstockung vorgesehen. Die Ausgestaltung des Förderprogramms solle bis Jahresende finalisiert werden.
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