Silvia am Sonntag – der Talk mit Autor & Satiriker Dietmar Wischmeyer
Satiriker Dietmar Wischmeyer - „Vergeigt, Verkackt, versemmelt“
Den Autor und Satiriker Dietmar Wischmeyer sehen wir regelmäßig in der „heute show“. Seine Karriere begann er mit vielen Comedy-Formaten beim Radio ("Frühstyxradio").
Bei Silvia erzählt er, warum er froh ist auf dem Land zu leben – solange die Internetanbindung gut ist.
Er erklärt uns, warum Selbstbetrug eine große Leistung der Zivilisation ist, und verrät, dass seine Frau seine Bücher nicht liest – er aber ihre.
Und er sagt uns, dass er – obwohl er gerne böse schreibt – ein lebensbejahender Mensch ist.
Dietmar Wischmeyer – Sonntag ab 9 Uhr bei Silvia am Sonntag.
Mehr als Worte
Der Autor und Satiriker Dietmar Wischmeyer versteht nicht nur mit Worten umzugehen. Er züchtet mit seiner Frau Hunde. „Rhodesian Ridgebacks.“: „Die kann man nicht erziehen, die muss man überzeugen. Wir züchten nur alle sieben Jahre, um dann einen zu behalten. Es ist ein Unterschied, wenn man einen Welpen von Geburt an kennt, oder erst nach neun Wochen bekommt.“ Mit seinen fünf Hunden und seiner Frau lebt er in einem Forsthaus in Niedersachsen auf dem Land.
Wald, Sterne und Weisheit
„Bei uns hinterm Haus fangen 35 Quadratkilometer Wald an. Ich stehe nachts draußen, sehe die Sterne, den Mond, keine Straßenbeleuchtung. Es ist leise. Man hört nichts. Wenn die Leute in der Stadt wüssten, wie luxuriös das Leben auf dem Land ist, die würden mir eine Sondersteuer aufs Auge drücken. Zu Recht!“ Und was ist mit Köln oder Berlin? „Nach der Wende musste man irgendwie nach Berlin. Ganz viele Freunde von mir sind nach Berlin gezogen, aber ich bin der einzige, der bekannt geworden ist, obwohl ich nie da gelebt habe. Absurd. Man hält mich für einen Berliner, ohne dass ich da leben muss. Dabei habe ich einfach nur eine gute Internetverbindung.“
Städte und Selbstbetrug
Er weiß auch, warum sich Menschen auf dem Land immer beschweren: „Kein öffentlicher Nahverkehr, kein Arzt - alles völliger Quatsch. Wir reden uns das Land ständig schlecht, damit die Leute aus der Stadt da nicht hinziehen.“ In seinem aktuellen Buch ist er gewohnt pointiert böse. Weder hält er viel von Hafermilch: „Ich sehe es nicht ein, warum soll man etwas Funktionierendes wie Milch ersetzen. Durch etwas wie Entengrütze“ - als auch von Fleischersatz. „Wenn ich kein Fleisch esse, esse ich einfach kein Fleisch, ich brauche keinen Ersatzstoff dafür.“ Aber er hat Verständnis, dass wir Menschen dazu neigen, uns selbst zu betrügen. „Der Selbstbetrug ist einer der größten Leistungen der Zivilisation, sonst würden wir ja gar nicht mehr fröhlich werden, wir müssen uns schon selbst bescheißen.“
Humor und Beziehungen
Trotz seinem Blick auf den „Irrsinn des Lebens“ beschreibt er sich als lebensbejahenden Menschen. „Ich weiß das Leben zu schätzen, so kurz es ist, es ist nicht rational sinnvoll, es durch Miesepetrigkeit zu verschwenden.“ Das Schreiben bringt mit sich, alles verwerten zu wollen. „Schreiben erleichtert ja, man wird vieles los, aber der Nachteil ist ein riesiger Steinbruch für Ideen des Böse Seins. Immer ist da im Hinterkopf, da könnt ich doch was draus machen.“ Für seine Frau, die Historikerin Nadja Wischmeyer, sei das aber kein Problem. „Die ignoriert alles, was ich mache. Sie liest nicht meine Bücher. Ich lese ihre Bücher. Sie hat ein dreihundert Seiten langes Buch über den Mittellandkanal geschrieben, das lese ich. Meins (Vergeigt, verkackt, versemmelt) ist viel kurzweiliger. Wird aber nicht gelesen.“
Ein Leben für Geistesgegenwart
Warum klappt das mit beiden so gut? „Spät gefreit hat nie gereut. Da ist was dran. Wir haben uns kennengelernt, da waren wir schon durch mit vielem anderen. Das hat seine Vorteile.“ Wischmeyer, der beim Radio angefangen hat und sich auch heute noch als „ein Kind des Radios“ bezeichnet, freut sich über Podcasts. „Ich höre viel politische Podcasts, eigentlich sind Podcasts die zeitgenössische Form des Radios. Vieles, was es im Radio nicht mehr gibt, das lange Gespräch findet im Podcast noch die Hörer, auch dadurch, dass es nicht mehr linear ist, sondern zeitlich ungebunden gehört werden kann.“
Wischmeyer ist als erster aus dem Dorf aufs Gymnasium gegangen: „Ich bin ein Produkt der SPD-Bildungspolitik, deshalb kann ich die SPD nicht ganz scheiße finden.“ Allerdings steht er, was Status betrifft, heute eher im Schatten. „Man nennt mich auch den Unpromovierten. Bin der einzige in der Familie, der nicht promoviert hat. Mein Bruder, meine Schwägerin, meine Frau, alle haben Doktortitel, ich wieder nicht.“ Aber es sei nicht gut zu hadern und „für das Kind eines Tischlers aus dem Wiehengebirge habe ich es weit gebracht.“