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> Lauterbachs Krankenhausreform im Bundesrat: Änderungen gefordert
22.11.2024, 11:45 Uhr
Hessens Kliniken fürchten Aus -
Krankenhausreform heute im Bundesrat
© dpa
Laut hessischer Krankenhausgesellschaft schreiben 80 Prozent der Kliniken rote Zahlen (Symbolbild).
Hessens Kliniken sind unter Druck und in Geldnöten. Am Freitag (22.11.) soll der Bundesrat die vorgesehene Krankenhausreform verabschieden. Doch die Kliniken wollen noch Änderungen an dem Regelwerk vornehmen.
Sie hoffen, dass die Reform in den Vermittlungsausschuss überwiesen und noch nicht beschlossen wird. Ob Hessen der Reform zustimmen oder sich im Bundesrat enthalten wird, blieb noch unklar.
Krankenhäuser: Brauchen Übergangsfinanzierung
Prof. Steffen Gramminger, der Präsident der hessischen Krankenhausgesellschaft, sagt zu HIT RADIO FFH. man brauche dringend eine Übergangsfinanzierung, bis die Reform wirklich umgesetzt sei und greife. Sonst befürchte man Klinik-Insolvenzen, die verhindert werden könnten.
Loch von 10 Milliarden Euro
Grund seien unter anderem steigende Personal-, Sach- und Energiekosten. So klaffe in der Klinikfinanzierung alleine aus den vergangenen drei Jahren ein Loch von rund 10 Milliarden Euro.
Krankenhausgesellschaft: Erwarten Klinik-Schließungen
Man rechne mit 20 bis 25 Prozent weniger Kliniken in den nächsten Jahren, sagt der Chef der hessischen Krankenhausgesellschaft, Steffen Gramminger, unserer Reporterin.
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Wir haben jetzt ca. 126 Krankenhäuser in Hessen. Wenn ich von dieser Anzahl von den somatischen Krankenhäusern ausgehe, rechnen wir eigentlich in den nächsten 10 Jahren eine Reduzierung von 20-25% der Kliniken. Also wir werden wahrscheinlich zwischen 90 und 100 Krankenhäuser landen in 5-10 Jahren. Das wird natürlich stufenweise gehen, aber wie gesagt, mit 20-25% weniger Kliniken rechnen wir momentan. Vielen Dank.
Krankenhausgesellschaft: Größte Sorge ist, dass die Reform einfach durchgewunken wird
Die Auswirkungen der Reform seien noch gar nicht klar. Aber im Nachhinein sei es schwierig, Änderungen einzubringen, sagt Steffen Gramminger, wenn durch die Neuwahl die Politik blockiert sei.
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Meine größte Sorge ist, dass das Gesetz eins zu eins durchgeht, weil die Rahmenbedingungen der genauen Krankenhausplanung eigentlich noch gar nicht richtig feststehen. Und das ist die große Sorge. Wir tun ein Gesetz in Kraft treten lassen, wo wir nicht wissen, wie es im Endeffekt ausgeht und wo wir aber gleichzeitig wissen, aufgrund der neuen Regierungsbildung wird im nächsten halben Jahr wahrscheinlich da gar nichts passieren.
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Jedes vierte Krankenhaus könnte schließen
Ob das Bundesland Hessen im Bundesrat die Krankenhausreform durchwinkt oder für die Anrufung des Vermittlungsausschusses stimmen wird, war bis zuletzt unklar. Die hessische Krankenhausgesellschaft geht davon aus, dass in Hessen in den nächsten Jahren bis zu 25 Prozent der Kliniken schließen werden. Das wäre jedes vierte Krankenhaus.
70 bis 80 Prozent der Kliniken machen Verluste
Laut Gramminger gibt es in Hessen derzeit circa 126 somatische Kliniken. 70 bis 80 Prozent der hessischen Kliniken würden Verluste machen, sowohl kleine Stadt-Krankenhäuser als auch große Unikliniken. Einig seien sich aber alle Beteiligten, dass es zu viele Kliniken und Krankenhausbetten in Deutschland gibt.
Krankenhausgesellschaft: Ländliche Kliniken nicht ausgelastet
Da die Bevölkerung auf dem Land fehle, haben diese Kliniken zu wenig zu tun. Das sagt der Chef der hessischen Krankenhausgesellschaft, Steffen Gramminger, unserer Reporterin.
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Die Krankenhäuser sind nicht voll ausgelastet, weil die Bevölkerungsdichte in der Region einfach zu gering ist. In der Region selbst sucht man schon das Krankenhaus auf, vor allem wenn es um Grundversorgung geht. Die Herzschwäche, die Lungenentzündung, solche Dinge, die auch kleinere Krankenhäuser sehr gut machen können. Aber da die Bevölkerungsdichte relativ gering ist, reicht es eben nicht aus, diese Krankenhäuser auszulasten. Fallen die dann aber ganz weg, dann sind die Ängste dann immer ganz groß. Die Krankenhäuser sind nicht voll ausgelastet, weil die Bevölkerungsdichte einfach zu gering ist.
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Stationäre Notaufnahmen sind sehr teuer. In ambulanten Versorgungszentren gibt es sie oft nicht. Dann müssen die Rettungsdienste in Notfällen weitere Wege zu anderen Kliniken fahren.
Soforthilfe während der Reform gefordert
Die derzeit wichtigste Forderung der hessischen Kliniken: Damit während der Reform nicht zu viele Kliniken insolvent gehen oder gar schließen müssen, solle der Bund Soforthilfe leisten. Hier springen derzeit Kommunen und Landkreise mit zum Teil hohen Millionenbeträgen in die Bresche.
Kompetenz spezialisierter Kliniken gestärkt
In wenigen Jahren, so prognostiziert die hessische Krankenhausgesellschaft, werde es weniger Kliniken geben. Bei geplante Operationen müssten Patienten auf dem Land weitere Wege in Kauf nehmen. Dafür würde die Kompetenz spezialisierter Kliniken gestärkt.
Krankenhausgesellschaft: Leistungen werden eingeschränkt
Man müsse zwischen verschiedenen ärztlichen Leistungen unterscheiden. Das sagt der Chef der hessischen Krankenhausgesellschaft, Steffen Gramminger, unserer Reporterin.
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Wir müssen unterscheiden zwischen sogenannten elektiven Eingriffen, also Eingriffen, die nicht direkt lebensbedrohlich sind, und zwischen Notfällen und natürlich aber auch von hochkomplexen und speziellen Leistungen. Die werden wir nicht mehr an jeder Ecke anbieten können. Und von daher brauchen wir diese Veränderung.
Krankenhausgesellschaft: Zeit für Reform benötigt
Es brauche eine Überbrückungsfinanzierung. Das sagt der Chef der hessischen Krankenhausgesellschaft, Steffen Gramminger, unserer Reporterin.
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Wir stehen ja auch für eine Krankenhausreform, weil so kann es eben halt einfach nicht weitergehen. Wir müssen aber auch für die weiterhinliche Gesundheitsversorgung in den Regionen sorgen. Und das ist natürlich eine ganz andere Geschichte im ländlichen Bereich wie jetzt in Ballungszentren. Und dazu brauchen wir entsprechende Zeit und eine Überprüfungsfinanzierung, um dann eben strukturiert zu schauen.
Hessische Kliniken unter Druck
Hessens Kliniken sind schon länger unter Druck, es drohen Schließungen und es finden Spezialisierungen und Fusionen statt. Zuletzt war die DRK-Klinik in Biedenkopf involent geworden, arbeitet aber weiter. Um die Schließung zu verhindern, übernimmt derzeit der Landkreis Marburg-Biedenkopf Verluste in Millionenhöhe. Gerade erst haben das Hofgeismarer Krankenhaus und die Agaplesion-Diakonie-Kliniken in Kassel beschlossen, zu fusionieren. In Büdingen hat im Frühjahr das Mathilden-Hospital Stationen geschlossen. Dort gibt es nun eine psychiatrische Fachklinik und ein Ambulantes Operationszentrum.
Lauterbach appelliert an Bundesländer
Unterdessen hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach für die Krankenhausreform geworben. Sie sei notwendig, damit sich Kliniken spezialisieren könnten und zugleich kleine Krankenhäuser auf dem Land geschützt würden. Der Bundesrat muss der Reform nicht zustimmen, kann sie aber in den gemeinsamen Vermittlungsausschuss mit dem Parlament schicken. Eine rasche Verständigung dort wäre angesichts unklarer Mehrheiten im Bundestag und der vorgezogenen Neuwahl ungewiss.
Ungeliebte Fallpauschalen gekappt
Die Reform soll den finanziellen Druck auf die Kliniken mindern und eine stärkere Spezialisierung bei komplizierteren Behandlungen durchsetzen. Dafür soll die Vergütung mit Pauschalen für Behandlungsfälle geändert werden. Künftig sollen Kliniken 60 Prozent der Vergütung schon für das Vorhalten bestimmter Angebote bekommen. Grundlage der Finanzierung durch die Krankenkassen sollen zudem neue "Leistungsgruppen" sein. Sie sollen die jeweiligen Klinik-Behandlungen genauer beschreiben und bundeseinheitliche Qualitätsvorgaben dafür absichern.