Kloster Eberbach: Traditionsweingut in finanziellen Turbulenzen
Künftig Klasse statt Masse - Weingut Kloster Eberbach macht Verlust
Eines der größten und traditionsreichsten Weingüter Deutschlands, das Kloster Eberbach des Landes Hessen, ist wieder in die roten Zahlen gerutscht, verfolgt aber eine Neuausrichtung im angespannten Weinmarkt. Nach einem Defizit von nahezu einer Million Euro 2024 rechnet das fast 900-jährige hessische Staatsweingut bei Eltville im Rheingau auch 2025 angesichts seiner Strukturreform mit einem Minus.
Das teilt Interimsgeschäftsführer Marc Gorbauch der Deutschen Presse-Agentur mit. Die angestrebte Profilschärfung als Spitzenweingut mit Strahlkraft bis nach China soll jedoch zu neuem Aufschwung führen.
Warum schwächelt das Staatsweingut?
Dafür gibt es zahlreiche Gründe. Viele Winzer kämpfen mit Umsatzrückgängen. In der Wirtschaftsflaute sinkt auch der Weinkonsum. Die Gesellschaft altert, die Jüngeren trinken weniger Wein, die Bedeutung alkoholfreier Getränke wächst. Gorbauch sagt, heute würden auch Ansichten verbreitet, "dass jeder Tropfen Alkohol irgendwelche Gehirnzellen vernichtet". Tatsächlich raten manche Wissenschaftler zu gesundheitsbewusster Abstinenz - und Weinexperten zu maßvollem Weinkonsum im Rahmen einer gesunden Lebensweise.
Bekannt aus “Der Name der Rose”
Das 1136 als Zisterzienserkloster gegründete Kulturdenkmal Kloster Eberbach, vor vier Jahrzehnten als Drehort des Films "Der Name der Rose" international bekanntgeworden, wird als Touristenmagnet und Veranstaltungsort von einer Stiftung getragen. Diese sowie das Staatsweingut haben früher laut Gorbauch "mehr gegeneinander als miteinander gearbeitet". Nun gehe es um mehr Kooperation beider Klosterbereiche - mit neuen Strukturen und personellen Verschränkungen.
Welchen Umsatz erzielt das Staatsweingut?
Das 1803 säkularisierte (aufgelöste) Kloster ohne heutige Mönche hat berühmte Weinlagen im Rheingau und an der Hessischen Bergstraße. Der Jahresumsatz des Staatsweinguts beläuft sich Gorbauch zufolge auf elf bis zwölf Millionen Euro - bei jährlich siebenstelligen Instandhaltungskosten des riesigen Klosterkomplexes mit romanischen und frühgotischen Bauten in einem Waldtal am Rande des Taunus. Es hat eine Vinothek, eine Klosterschenke, eine historische Weinschatzkammer und in der Nähe eine moderne Kellerei.
Warum gibt es keine Fusion von Stiftung und Staatsweingut?
Diese ursprüngliche Idee sei wieder verworfen worden, sagt Interims-Geschäftsführer Gorbauch, der Anfang 2026 von der Winzerin und Immobilienökonomin Christine Müller dauerhaft abgelöst werden soll. Erstens wegen beihilferechtlicher Bedenken. Und zweitens wegen einer hohen Grunderwerbssteuer bei Flächenübertragungen - das Kloster hat einen gewaltigen Grundbesitz. Dann würde zwar letztlich der Staat dem Staat Steuern zahlen, aber rechtlich wäre auch das schwierig. Daher sei vielmehr eine enge Kooperation von Stiftung und Weingut beschlossen worden.
Was sagt die Landesregierung zur Neuausrichtung?
Weinbauminister und Winzersohn Ingmar Jung (CDU) spricht in einer Antwort auf eine Anfrage der AfD-Landtagsopposition von dem Ziel, das Kloster zu einem identitätsstiftenden Symbol für das kulturelle Selbstverständnis aller Hessinnen und Hessen sowie "zu einem Identifikationsstandort und einer Plattform für den gesamten hessischen Weinbau zu entwickeln".
Wird an eine Privatisierung gedacht?
Eine Privatisierung des Staatsweinguts, wie von der AfD wegen angeblicher "Misswirtschaft" gefordert, plant die schwarz-rote Landesregierung laut Jung derzeit nicht. Er ist Aufsichtsratschef des Staatsweinguts und Vorsitzender des Kuratoriums der Klosterstiftung. Damit sind erstmals beide Rollen in einer Person vereint, ganz im Sinne der Neuausrichtung des Kulturdenkmals.
Welche Vorstellungen hat der Weingutschef?
Interims-Geschäftsführer Gorbauch, einst Chefjurist des Modeunternehmens Tom Tailor, sagt, das Kloster Eberbach, an dem im Sommer viele Konzerte des Rheingau Musik Festivals über die Bühne gehen, müsse noch sichtbarer werden. Beispielsweise mit Werbung an Deutschlands größtem Flughafen Frankfurt, wie Gorbauch anregt. Zugleich solle die Exportquote von 17 Prozent erhöht werden - etwa in Länder mit interessierten Weinfreunden wie China, Polen, Tschechien, Schweden und Norwegen. Einen sehr kleinen Teil der gesamten Weinproduktion erwerbe auch das Land Hessen selbst - etwa für seine Vertretungen in Berlin und Brüssel.
Welche weiteren Ziele gibt es?
Zugleich will Gorbauch die Weinqualität weiter heben. "Das mittlere Segment gerät am Markt besonders unter Druck", sagt der Weingutschef. Geplant sei, mehr Große Gewächse anzubauen, das Spitzensegment für trockene Weine. Klasse statt Masse: "Wir verkleinern auch unsere Anbaufläche. 170 bis 175 Hektar haben wir noch. Es waren mal rund 235 Hektar." Teils auch gepachtet.
Keine Entlassungen geplant
Entlassungen soll es laut Weingut-Sprecherin Anke Haupt dennoch nicht geben - es würden lediglich sehr wenige Ruhestandsfälle nicht nachbesetzt. Mehr als 100 Mitarbeiter habe das Staatsweingut, darunter sehr viele Aushilfen, plus etwa 80 Saisonarbeiter nur wenige Monate im Jahr, etwa für die Weinlese.
Welches Ministertreffen steht im Kloster an?
In Kürze ist im Kloster Eberbach das erste Treffen aller zuständigen Minister der Bundesländer mit Weinbau geplant - am 20. und 21. November, als eigene Zusammenkunft jenseits der Agrarministerkonferenz. Schon am 15. November lädt das Kloster zu Hessens diesjähriger Landeswein- und Sektprämierung mit Qualitätsmedaillen für Winzer ein, verliehen von Minister Jung.
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