Machtwechsel in Berlin - Bundestag soll Merz zum Kanzler wählen
Es ist die letzte Hürde auf dem Weg zu einer neuen Regierung: CDU-Chef Merz will sich heute im Bundestag zum zehnten Bundeskanzler wählen lassen. Die Mehrheit von Union und SPD ist aber äußerst knapp.
Auf den Tag genau ein halbes Jahr nach dem Bruch der Ampel-Koalition soll die Bildung einer neuen Bundesregierung von CDU, CSU und SPD abgeschlossen werden. CDU-Chef Friedrich Merz stellt sich am Morgen im Bundestag für das Amt des Bundeskanzlers zur Wahl (Sitzungsbeginn 09.00 Uhr).
Klingbeil rechnet nicht mit Abweichlern der SPD
Obwohl das Polster der schwarz-roten Koalition zur erforderlichen "Kanzlermehrheit" von 316 Stimmen mit zwölf Stimmen recht dünn ist, gilt die Wahl als ziemlich sicher. Sowohl Merz als auch der SPD-Chef und designierte Vizekanzler Lars Klingbeil haben sich aber zuversichtlich gezeigt, dass nichts mehr schiefgehen kann. Ausnahmslos alle Abgeordneten seien an Bord, versprach Merz. Klingbeil sagte über seine Fraktion: "Ich rechne damit, dass wir vollständig sind und ich rechne damit, dass alle mit Ja stimmen."
Weitere Wahlgänge möglich
Sollte es im ersten Anlauf entgegen allen Erwartungen nicht klappen, wären weitere Wahlgänge möglich. Läuft alles wie geplant, werden Merz und seine 17 Bundesministerinnen und -minister bis zum Nachmittag von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nacheinander ernannt und im Bundestag vereidigt. Deutschland hat dann wieder eine Regierung, die eine Mehrheit im Bundestag hinter sich hat und voll handlungsfähig ist.
Erste Kabinettssitzung mit Streichliste für Beauftragte
Die erste Kabinettssitzung soll bereits am Abend stattfinden (18.00 Uhr). Zum Auftakt will Schwarz-Rot ein erstes Versprechen aus dem Koalitionsvertrag einlösen: die drastische Kürzung der Sonderbeauftragten, Beauftragten und Koordinatoren. Nach der Beschlussvorlage, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, sollen 25 dieser Posten gestrichen werden. Zuerst hatten "Politico" und die "Süddeutsche Zeitung" darüber berichtet. Auf der Streichliste stehen unter anderem die Beauftragten für die Meere, den Radverkehr, die feministische Außenpolitik, die "Planung der Zeitenwende" und für die internationale Klimapolitik.
Dobrindt will sofort Grenzkontrollen verschärfen
Deutlich mehr Aufmerksamkeit wird bekommen, was der designierte Innenminister Alexander Dobrindt zur Eindämmung der irregulären Migration angekündigt hat. "Die ersten Entscheidungen werden nach Amtsantritt an diesem Mittwoch getroffen. Dazu werden die Grenzkontrollen hochgefahren und die Zurückweisungen gesteigert", hat der CSU-Politiker in der "Bild am Sonntag" angekündigt.
Merz reist nach Frankreich und Polen
Am selben Tag absolviert Merz seine ersten Antrittsbesuche in den Nachbarländern Frankreich und Polen. Warschau ist alles andere als begeistert von den deutschen Plänen zur Kontrolle der Grenzen. Das dürfte Thema beim Treffen von Merz mit dem polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk sein.