«Reichsbürger»-Prozess - «Ich bin kein Terrorist» – Reuß verteidig
Beim Gerichtsverfahren gegen die mutmaßlichen "Reichsbürger" um Heinrich XIII. Prinz Reuß in Frankfurt am Main spricht der Hauptangeklagte. Er schildert auch, wie er aus seiner Sicht belogen wurde.
Der Hauptangeklagte Heinrich XIII. Prinz Reuß hat im Terrorprozess um die mutmaßliche "Reichsbürger"-Gruppe jegliche Umsturzpläne von sich gewiesen. "Ich bin kein Terrorist und habe keine Terrorakte geplant. Ich war kein Terrorist und werde auch keiner sein", sagte er vor dem Oberlandesgericht Frankfurt. "Ich bin auch in meinem Verständnis nie einer Terrorgruppe beigetreten. Den Rädelsführer Reuß gibt es daher nicht". Ausführlich erklärte Reuß einige Punkte der Anklage aus seiner Sicht.
So berichtete er unter anderem über die sogenannten Ratstreffen der Vereinigung. In diesen sei nie von der Erstürmung des Reichstags die Rede gewesen. "Ich habe als Hausherr lediglich moderiert", sagte er. Diese Treffen seien ein Gesprächskreis intellektueller Personen mit wechselnden Themen gewesen.
Reuß: "Mir ist inzwischen klar, dass alles irreal gewesen ist"
Dort sei auch wiederholt über die sogenannte Allianz gesprochen worden. Reuß sagte, es sei immer wieder über deren Existenz diskutiert und Beweise dafür gefordert worden. Die Gruppe ist nach Ansicht des Generalbundesanwalts und auch nach Angaben von Angeklagten im Verfahren davon ausgegangen, dass ein Systemwechsel in Deutschland bevorstehe. Der Umsturz sollte von einem fiktiven, angeblich globalen Militärbündnis namens "Allianz" oder "Erdallianz" ausgelöst werden.
Reuß sagte dazu: "Mir ist inzwischen klar, dass alles irreal gewesen ist."Irgendwann sei er sicher gewesen, "dass es die Allianz nicht gab und dass ich und auch andere hier Angeklagte regelrecht belogen wurden".
Vorwurf der Umsturzpläne
Die Bundesanwaltschaft wirft den insgesamt neun in Frankfurt Angeklagten vor, Mitglied einer terroristischen Vereinigung gewesen zu sein beziehungsweise diese unterstützt zu haben. Ziel sei es gewesen, die bestehende Staatsordnung gewaltsam zu beseitigen und durch eine eigene, bereits in Grundzügen ausgearbeitete Staatsform zu ersetzen.
Von einem Umsturz distanzierte sich Reuß während seiner knapp zweistündigen Erklärung mehrmals. "Ein gewaltsamer militärischer Staatsstreich wurde durch mich niemals initiiert, geplant, angedacht oder finanziert", betonte er. Er sei nie ein Anführer gewesen und strikter Gegner von Gewalt.
Die Anklage geht zudem von einem militärischen Arm und der Bildung von Heimatschutzkompanien aus, mit diesen hat Reuß nach eigenen Worten nur "am Rande zu tun gehabt", diese hätten ihn auch nicht interessiert.
Reuß schildert ersten Kontakt
Reuß machte darüber hinaus Angaben zu seinem ersten Kontakt zu Mitgliedern der mutmaßlichen Gruppe. So sei ihm bei einem aus seiner Sicht geschäftlichen Treffen in Dresden im Jahr 2021 der Kontakt zu dem in Frankfurt Mitangeklagten Maximilian Eder hergestellt worden.
Dieser habe ihm von angeblichen massenhaften Vergewaltigungen von Kindern erzählt, die in "Dumbs" (für "Deep Underground Military Bases") genannten Bunkern stattfänden. Auch in den sozialen Medien habe es solche Berichte gegeben, schilderte Reuß.
Der Ex-Elitesoldat Eder sei ihm als hochrangiger Militär vorgestellt worden. "Mir war dadurch tatsächlich scheinbar glaubhaft suggeriert, es gebe die Allianz und den Missbrauch von Kindern", erklärte der 74-Jährige. Als alleinerziehender Vater sei er "was Kinder betrifft" ohnehin sehr emotional.
Reuß' Verteidiger kündigte vor dem Prozesstag bereits weitere Haftprüfungsanträge an. Es gehe um die Verhältnismäßigkeit der Haftfortdauer in Anbetracht von Reuß' Alter von 74 Jahren, seiner tatsächlichen Rolle "und in Anbetracht der Tatsache, dass schlussendlich keine wirkliche Straftat passiert ist", sagte der Anwalt.
Verfahren in drei Städten
Die ebenfalls angeklagte Lebensgefährtin von Reuß, Vitalia B., wurde bereits Anfang Dezember aus der Haft entlassen, die übrigen acht Angeklagten bleiben in Untersuchungshaft. Das Gericht sah es nicht mehr als verhältnismäßig an, die Frau weiter in U-Haft zu nehmen.
Mit zwei parallel laufenden Verfahren in München und Stuttgart müssen sich insgesamt 26 mutmaßliche Verschwörer in dem Komplex um die mutmaßliche sogenannte Reichsbürger-Gruppierung um Heinrich XIII. Prinz Reuß verantworten. Bis zum Urteil gilt für die Beschuldigten die Unschuldsvermutung.
Reuß will sich nach Angabe seiner Verteidigung am kommenden Mittwoch (17. Dezember) weiter zu den Anklagepunkten äußern.