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EU-Kommission will Rücknahme von Verbrenner-Aus vorschlagen

Umweltvorgaben - EU-Kommission will Rücknahme von Verbrenner-Aus vorschlagen

Verkehr in Stuttgart
© Marjian Murat/dpa

Auch ab 2040 wird es Webers Angaben zufolge kein 100-Prozent-Ziel geben. (Symbolbild)

Ab 2035 könnten weiterhin Verbrenner zugelassen werden – aber nur unter bestimmten Bedingungen. Aus der EU-Kommission sickern nun Details zu einem geplanten Vorschlag durch.

Die EU-Kommission will eine Rücknahme des sogenannten Verbrenner-Aus vorschlagen. Die Behörde will nach derzeitigem Stand der Planung empfehlen, auch nach 2035 Neuwagen mit Verbrennertechnologie zuzulassen, wie der Deutschen Presse-Agentur aus Kommissionskreisen bestätigt wurde. Der Vorschlag muss noch vom Kollegium der EU-Kommissarinnen und -Kommissare angenommen werden. 

Vertreter der EU-Staaten und des Europaparlaments hatten sich 2022 eigentlich darauf geeinigt, dass Neuwagen in der EU ab 2035 im Betrieb kein klimaschädliches Kohlenstoffdioxid (CO2) mehr ausstoßen dürfen. Hintergrund sind die sogenannten Flottengrenzwerte, die eigentlich eine Reduktion des CO2-Ausstoßes von neu zugelassenen Autos bis 2035 um 100 Prozent vorsehen. 

Von dieser Vorgabe soll nach Angaben aus Kommissionskreisen nun Abstand genommen werden. Ausgestoßene Klimagase sollen aber durch andere Maßnahmen vollständig kompensiert werden. Dies wäre zum Beispiel durch den Einsatz von umweltfreundlich hergestelltem "grünen Stahl" denkbar. 

Vorgesehen sind Ausnahmen unter anderem für Plug-in-Hybride und E-Autos mit sogenannten Range-Extendern, bei denen kleine Verbrennungsmotoren die Reichweite erhöhen. Ob die Ausnahmen auch für klassische Benzin- und Dieselfahrzeuge gelten, war zunächst unklar. 

CSU-Politiker Weber spricht von 90 Prozent Reduktion

Der EVP-Fraktionsvorsitzende Manfred Weber sagte der "Bild"-Zeitung: "Bei Neuzulassungen ab 2035 soll nun statt 100 Prozent eine 90-prozentige Reduktion des CO2-Ausstoßes für die Flottenziele der Automobilhersteller verpflichtend werden." Auch ab 2040 wird es Webers Angaben zufolge kein 100-Prozent-Ziel geben. 

Manfred Weber
© Michael Kappeler/dpa

Manfred Weber (CSU) ist Vorsitzender der EVP-Fraktion im Europaparlament. (Archivbild)

Die EU-Kommission wollte den Bericht auf Anfrage zunächst nicht kommentieren. Dem Vorschlag der Kommission müssen auch das  Europaparlament und die EU-Staaten zustimmen. Eine Sprecherin sagte auf Anfrage: "Interne Vorbereitungen und Diskussionen laufen im Hinblick auf die Annahme durch das Kollegium in der nächsten Woche."

Kompromisssuche noch nicht abgeschlossen

Auf welchen Kompromiss sich die Institutionen einigen werden, ist noch offen. Frankreich und Spanien hatten sich im Oktober in einem gemeinsamen Brief dafür ausgesprochen, die ursprünglich getroffenen Vorgaben weitgehend beizubehalten. 

Wie die französische Zeitung "Les Echos" berichtet, hat Frankreich am Dienstag ein Schreiben an Kommission geschickt. Die Regierung bekräftigt demnach darin, dass sie offen für Anpassungen sei. "Wir unterstützen die Einführung gezielter Flexibilität, insbesondere im Bereich der Technologieneutralität, sofern diese mit klaren regulatorischen Anreizen für eine industriefreundliche Produktion in Europa einhergehen und davon abhängig gemacht werden", zitiert "Les Echos" aus dem Schreiben.

Kritik von Grünen

"Eine Aufweichung der Ziele ist schlecht für den Wirtschaftsstandort Europa", kritisierte die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europaparlament, Terry Reintke. Ein Schlingerkurs schaffe Planungsunsicherheit, anstatt die europäische Autoindustrie an die Spitze der Entwicklung der E-Mobilität zu führen.

Präsentation für kommende Woche vorgesehen

Die Brüsseler Behörde will ihre Vorschläge für mögliche Änderungen am sogenannten Verbrenner-Aus nächste Woche vorstellen. Neben Vorschlägen zum Verbrenner-Aus sollen demnach auch weitere Maßnahmen wie eine Batterie-Strategie und Vorschläge für umweltfreundlichere Dienstwagen vorgelegt werden.

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) betonte, die Kommission werde ihre Vorschläge in der nächsten Woche offiziell vorstellen, "dies gilt es jetzt erst einmal abzuwarten". Für die deutsche Automobilindustrie sei und bleibe entscheidend, dass ein technologieoffener und pragmatischer Lösungsansatz gewählt werde.

Der scheidende BMW-Chef Oliver Zipse teilte mit, eine Abkehr vom strikten Technologie-Verbot ab 2035 sei ein starkes Signal. Weber sehe, dass Klimaschutz nicht auf Verboten basieren dürfe. 

Kanzler schrieb Brief an EU-Kommission

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sprach sich in den vergangenen Wochen immer wieder vehement für Änderungen an dem geplanten Verbot aus. Erst Ende November bat er die EU-Kommission in einem Brief, die Regulierung zum Verbrenner-Aus zu korrigieren. Nach 2035 sollten neben rein batterieelektrischen Fahrzeugen weiterhin Fahrzeuge mit doppeltem Antrieb - also Batterie und Verbrenner - zugelassen werden.

Zuvor hatte sich die schwarz-rote Koalition darauf verständigt, sich auf EU-Ebene auch für die Zulassung "hocheffizienter Verbrenner" einzusetzen. 

Forscher sehen Kippen des Verbrenner-Aus zum Teil skeptisch 

Patrick Plötz, Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe, nannte eine Aufweichung des Null-Gramm-Ziels für 2035 einen grundsätzlich falschen Weg. Der Absatz von Pkw mit Verbrennungsmotor sinke global seit Jahren, zitiert das Science Media Center (SMC) den Forscher. "Planungssicherheit und Glaubwürdigkeit sind zentrale Elemente langfristiger Industrie- und Klimapolitik und voll durch das 2035-Ziel gegeben", sagte er. 

Markus Lienkamp vom Lehrstuhl für Fahrzeugtechnik an der Technischen Universität München (TUM), teilte dem SMC mit: "Falls die EU auch nach 2035 Neuwagen mit Verbrennungsmotor zulässt, hilft das der europäischen Autoindustrie nur kurzfristig." 

Achim Kampker, Ingenieur und Professor an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (RWTH), hält eine Aufweichung dagegen für sinnvoll, um die Wettbewerbsfähigkeit in Europa zu erhalten: "Parallel dazu müssen aber die Rahmenbedingungen für den Standort Deutschland massiv verbessert werden, damit der Aufbau der Wertschöpfungsketten für Batterie und Wasserstoff gelingen kann."

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